Bei Machandel ist im März 2024 der dritte Band der Sauerland-Team-Reihe von Martina Schäfer erschienen. (Band 1, der im Original 1999 erschien, ist seit Oktober 2024 in einer Neuausgabe wieder erhältlich.) In den Krimis des Sauerland-Teams bekommt die Polizei ungewöhnliche Unterstützung: Eine Wen-Do-Trainerin und ihre Geliebte, eine Polizei-Fotografin, arbeiten aktiv mit an den Ermittlungen.
Unverhofft bekommt die Selbstverteidigungs-Trainerin Jana Müller den Auftrag, für die behinderten Frauen der heilpädagogischen Michaels-Werkstätten einen Kurs zu geben.
Aber wer sollte ausgerechnet diese Frauen in ihrem idyllischen Refugium bedrohen?
Wie sie schnell erfährt, ist die Bedrohung allerdings überaus real. Zwei Bewohner der Michaels-Werkstätten wurden bestialisch ermordet, und die Polizei befürchtet einen weiteren Mordversuch.
Jana wurde bewusst hierher gelockt, weil Ermittler Schmidtken glaubt, daß sie die Frauen eher zum Reden bringen kann.
Auch wenn ihre Liebste, die Polizeifotografin Rosi Kramer, ihr sowohl bei dem Kurs als auch bei den Ermittlungen zur Seite stehen kann, ist Jana sauer. Es ist wahrhaftig nicht ihr Lebensziel, unter fadenscheinigen Vorwänden als Ermittlungsgehilfin ausgenutzt zu werden.
Doch dann merkt sie, daß nicht nur die Heimbewohnerinnen in Gefahr sind ...
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Unsere Meinung:
Zunächst einmal können wir alle beruhigen: Dies ist zwar schon der dritte Band dieser Reihe, aber es ist zum Verständnis nicht zwingend notwendig, die beiden vorhergehenden Bände gelesen zu haben (auch wenn es natürlich hilft, zu wissen, was mit und zwischen den Hauptpersonen bisher geschehen ist). Die Hauptkapitel werden in der Ich-Form von Jana Müller erzählt und beginnen ohne weitere Vorrede mit ihrem Eintreffen an ihrem neuen Arbeitsplatz. Da die Erzählperspektive der Hauptperson dieser Reihe folgt, ist bereits einiges geschehen, bevor die Geschichte in diesem Buch beginnt. Zwar erhält die Erzählerin (und mit ihr auch die Leser) eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse und erfahren den wahren Grund für ihren Auftrag, aber vieles bleibt doch unklar. Klar ist allerdings, daß sich die Ich-Erzählerin gleich zu Beginn des Buches überfahren, betrogen und gelinkt fühlt und absolut nicht die Absicht hat, als Undercover-Gehilfin der Polizei zu agieren. Dennoch übernimmt sie den Kurs für einige Bewohnerinnen des Heims und wird dadurch rascher in den Fall hineingezogen, als ihr lieb ist. Die Leser begleiten sie bei den Kursen und ihren Ermittlungen im Umfeld des Heims. Dabei lernen sie und die Leser auch die diversen Teilnehmerinnen des Kurses und deren verschiedenartige Charaktere und Eigenarten (eine Teilnehmerin spricht beispielsweise nur in Reimen, die sich allerdings nicht immer reimen), sowie die Mitarbeiter des Heims kennen. Bei ihrer Schilderung nimmt Jana kein Blatt vor den Mund und läßt als Erzählerin auch im weiteren Verlauf des Buches diverse Seitenhiebe auf Beamte und Antroprosophen (der von Rudolf Steiner gegründeten Richtung) einfließen, die neben der eingebundenen Information meist zum Unterhaltungswert des Buches beitragen. Und sie macht aus ihrer kritischen Haltung gegenüber dem Antroprosophen-Institut sowie der Haltung und dem Verhalten einiger Fachkräfte gegenüber ihren Schutzbefohlenen (und den anderen Mitatbeitern) keinen Hehl. Auch der dritte im Bunde des Sauerland-Teams, der Polizist, und seine Vorurteile kommen zur Sprache, auch, daß er die “Behinderten” deutlich unterschätzt. Denn nicht zuletzt durch Aussagen und Hinweise der Heimbewohner kommen neue Umstände ans Licht und die Heimbewohnerinnen in Gefahr. Nach weiteren Morden, einigen Irrungen und Wirrungen und falschen Spuren bringen ihre Ermittlungen Jana schließlich in tödliche Gefahr. Auf das Einstiegs-Kapitel von Jana Müller folgt ein kursiv gedruckter Text, der nur mit 1. Eintrag überschrieben ist. (Die Haupterzählstrangs dagegen tragen sinnspruchartige Überschriften, die übrigens des Werken Rudolf Steiners entnommen sind.) Dies ist der erste von dreizehn durchnumerierter solcher "Einträge", die sich immer mit den Kapiteln der Haupterzählung abwechseln. In diesen Einträgen beschreibt eine zunächst unbekannte Person, die zunächst nur annähernd sicher zu erraten ist, dann aber mit Namen genannt wird, ebenfalls in der Ich-Form seine persönliche Sicht der gleichen Ereignisse, die in der Hauptgeschichte erzählt werden, allerdings mit einigen wichtigen kleinen Unterschieden. Zum einen ist es eine andere Perspektive und überhaupt eine andere Einstellung zu den Dingen als Janas. So ist der Autor dieser Beiträge ziemlich vorurteilsbeladen und homophob (mit dem üblichen Ich habe ja nichts gegen Schwule, aber ...) Zum anderen beginnen die Einträge mit Geschehnissen, die deutlich vor dem Eintreffen der Erzählerin liegen, wodurch die Leser (zwar recht einseitig und zunächst recht undurchsichtig) auch die am Anfang "verpaßte" Vorgeschichte erfahren. Meist scheinen die Einträge aus so etwa wie einem Tagebuch zu stammen. neben den Ereignissen rund um das tägliche Leben des Autoren rund um das Heim ist auch dessen Kindheit und der Tod des Vaters Thema dieser Einträge. Etwas verdächtig erscheinen dabei unterschwellig die Umstände des Todes des Vaters (auch ein Antroprosoph), als der Autor der Einträge gerade mal fünf Jahre alt war, und an den sich dieser laut Eiträgen nicht mehr erinnert. Der 4. Eintrag bringt dann aber eine heftige, unerwartete Wendung. Der 13 und letzte dieser Einträe fällt dann aber völlig aus dem Rahmen und bringt eine für die einen Leser bereits vorhersehbare, für andere möglicherweise bereits erahnte neue Sicht auf bestimmte Dinge. Daß diese eingeschobenen Tagebuch-Einträge nur von einer Person stammen (deren Name auch bereits in den ersten Einträgen verraten wird), fanden wir allerdings etwas schade, denn für erfahrene Leser ist damit klar, daß er der Täter ist oder zumindest involviert war. Hätten sich hier Beiträge von verschiedenen Bewohnern des Heims abgewechselt, hätte das unserer Meinung nach etwas mehr Unsicherheit und Spannung gebracht. Allerdings bringen die Beiträge, die sich mit den Geschehnissen aus den Hauptkapiteln überschneiden, den Lesern einen Informationsvorsprung, aus dem sie wichtige Rückschlüsse ziehen können. Auch das macht dieses Buch zu einem spannenden Leseerlebnis. Am Anfang des Buches gibt es eine kurze Personenübersicht, unterteilt in Die Toten, Das Sauerland-Team, Mitarbeiter der Michaelswerkstätten und Die Kursteilnehmerinnen. Am Ende finden die Leser dsnn noch einige (Selbst-)Informationen über die Autorin (mit leichter Selbstironie) sowie die Titel der anderen Sauerland-Team-Bücher (allerdings erwas überholt, denn inzwischen sind alle Bücher der Reihe bei Machandel erschienen) und der zweiten Reihe von Martina Schäfer, in der Archäologen Dr. Johanna Schmid und Prof. Joachim Drahm in Mordfällen im archäologischen Umfeld ermitteln. (Den ersten Band, Mord im Pfahlbaudorf, haben wir ebenfalls in der Bücherbar vorgestellt.) Auch das Inhaltsverzeichnis findet sich statt am Anfang ganz am Ende des Buches. Was uns allerdings gefehlt hat, war ein Glossar, in dem die verwendeten Fachausdrücke erklärt werden. Insgesamt ist dies für uns ein sehr gut geschriebener, ebenso spannender wie unterhaltsamer Kriminalroman mit diversen Drehungen und Wendungen sowie einigen kleinen Seitenhieben auf das Umfeld, in dem die Geschichte spielt, der auch einen recht persönlichen Einblick in das Leben in einem heilpädagogischen Heim bietet und auf jeden Fall ein Tip.
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