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Das waren neue Seiten
März 2021
Autor/Herausgeber/Reihe:
László Benedek:
Titel:
Khaled tanzt
7.
Originaltitel: Khaled útja
Erscheinungsland
Original: H
Erscheinungsjahr
Original: 2018
Bei mdv, dem Mitteldeutschen Verlag, erscheint im März mit Khaled tanzt die deutsche Erstausgabe des Debütromans des in Österreich lebenden ungarischen Autoren László Benedek. Laut Verlag "eine Geschichte, die erzählt werden muß".
Khaled ist ein afghanischer Flüchtlingsjunge, der mit Tausenden seiner Landsleute nach Österreich auswandert, in der Hoffnung, eine neue Heimat zu finden.
Wegen Kopfschmerzen unklarer Genese wird er von einem pensionierten Psychiater behandelt.
Mit viel Geduld gelingt es dem Arzt, die Zunge des verschlossenen Jungen zu lösen, und er erfährt Unglaubliches: Khaled wurde in Afghanistan an einen reichen Kaufmann verkauft, bei dem er in Mädchenkleidern vor alten Männern tanzen und diesen danach zu Gefallen sein mußte.
Kann ein Heranwachsender solche Erlebnisse aushalten und in einer neu gewählten Heimat Fuß fassen?
Aus dem Ungarischen übersetzt von Hans-Henning Paetzke.
Originalausgabe
Paperback / Broschiertes Buch
mitteldeutscher verlag Paperback ca. 240 Seiten ISBN 978-3-96311-397-0 Preis: 18,00 € (D) – 18,50 € (A) 25,00 SFr (CH)
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Unsere
Meinung:
Sich auf Khaled und einen winzigen Teil seiner Lebens-Reise zu beschränken, verkauft dieses Buch deutlich unter Wert. Khaleds Reise (so der Originaltitel) trifft den Inhalt eigentlich deutlich besser, denn es geht um seine gefährliche Flucht von Afghanistan nach Österreich und vom Kind zum Erwachsenen. "Die Flüchtlingsproblematik wirft die Frage auf, ob sozialer Wohlstand ein grundlegendes Menschenrecht ist oder aber nur den Bürgern einiger privilegierter und glücklicher Länder zusteht." Dieses Zitat aus dem Vorwort des Autoren gibt schon eher einen Hinweis, worum es zumindest im Hintergrund bei den Geschichten in diesen Buch geht. Ja, Geschichten, denn es geht nicht nur um Khaleds Lebensgeschichte, sondern auch die von drei anderen Menschen, die ihre ursprüngliche Heimat verlassen haben und - zumindest zeitweise - in Österreich ein neues Leben begannen. Dieses Buch gibt Einblicke in vier voneinander unabhängige Lebenswege und Welten. Laut Vorwort basiert dieses mit schriftstellerischer Fantasie entwickelte Buch auf den Tagebuchnotizen von (und Gesprächen mit) Dr. Johannes Arany, der nach seiner Pensionierung als Chefarzt für Psychiatrie in seiner Sprechstunde die seelischen Symptome von Flüchtlingen behandelt und sie bei ihrer Eingliederung unterstützt - es ist also durchaus ein Abbild der Wirklichkeit im heutigen Österreich. Auch Stationen seiner Lebensgeschichte erfahren die Leser im Laufe dieses Buches. Dazu kommen noch die Pensionärin Kerstin (Khaleds freiwillige Betreuerin), derem Lebensreise von Norwegen nach Österreich führte und Theresa, die unter der Kontrollwut ihres extremgläubigen und medizinfeindlichen Ehemannes zu leiden hat. (Die Namen der realen Personen sind sllerdings wie üblich durch FantasieNamen ersetzt worden.) Interessiert war der Autor vor allem daran, nach dem Gemeinsamen und dem miteinander Zusammenhängenden in diesen Lebenswegen zu suchen - wo befindet sich der Punkt, an dem sich diese voneinander so weit entfernten Lebenswege und Welten begegnen könnten? Khaled, der erste der vier, wird von Dr. Arany beschrieben als ein fescher und netter Bursche aus Afghanistan, so mitteilsam und freundlich, als hätte er nie anderswo gelebt als unter Österreichern. Der Doktor fragt sich allerdings, was für unterdrückte Verletzungen, was für verborgene Traumata in der Tiefe seiner Seele schlummern mochten und im Laufe dieses Buches erfahren der Doktor und mit ihm die Leser mehr über Khaleds Reise, die auch eine Art persönlicher Reifeprozess war. Wöchentlich einmal suchte Khaled den Doktor auf, um diesem zaghafte Einblicke in sein wechselvolles Leben zu gewähren, die in diesem Buch, beginnend mit Khaleds Kindheit in Afghanistan, teils in Erzählform, teils in wörtlicher Rede (Gespräche mit Dr. Arany) nach und nach - immer abwechselnd mit Kapiteln zu den anderen drei Protagonisten und Gesprächen des Autoren mit Dr. Arany - offenbahrt wird. Doch auch die anderen drei Akteure, die in Khaleds Leben getreten waren, hatten viel über sich selbst in Erfahrung bringen können. Kerstins Geschichte erfahren die Leser durch einen Brief, den sie dem Doktor geschrieben hat und in dem sie vom eigenen Leben erzählt, die dazu geführt hat, sich um Khaled zu kümmern. Sie stammte ursprünglich von norwegischen Eltern ab, genauer gesagt, von einer norwegischen Mutter und einem deutschen Vater und ihre Geschichte, die sich zunächst in der Zeit um den zweiten Weltkrieg vor allem um die Kindheit in Norwegen und die Suche nach dem Vater dreht, wechselt später nach Deutschland in die Zeit der 66er Studentenbewegung und den Zustand der bundesdeutschen Gesellschft in dieser Zeit. Die Geschichte von Theresa, der dritten Person, die Khaleds Lebensweg kreuzt, spielt sich vor allem im heutigen Österreich ab und dreht sich neben ihrer Krankheit (Multiple Sklerose) vor allem um ihre Beziehungsprobleme, unter anderem mit ihrem kontrollierenden Ehemann Norbert, aber auch mit Khaled. Der letzte Lebensweg, der in diesem Buch begleitet wird, ist der des Doktors selbst, der unter anderem in Gesprächen mit dem Autor (der übrigens auch ein in Ungarn geborener und heute in Österreich lebender Psychiater ist) von seiner siebenbürischen Heimat, Rumänien, Ungarn und Österreich erzählt - und dem Heimweh seiner Frau zu ihrer alten Heimat. Alle vier (Lebens-)Geschichten sind spannend erzählt und werden am Ende des Buches in einem Epilog noch einmal zusammengefaßt aktualisiert. Das einzige, was uns an diesem Buch nicht gefallen hat, ist das radebrecherische Deutsch, in dem der Autor (oder Übersetzer) meinte Khaled unbedingt sprechen zu lassen, das nervt auf die Dauer, ist teilweise auch inkonsequent und hat uns den Lesespaß zwar ncht verdorben aber deutlich eingeschränkt. Davon abgesehen ist dies ein spannend geschriebenes, lesenswertes Buch, das ausgesprochen interessant von vier verschiedenen Lebenswegen, von grundverschiedenen Ländern und Kulturen, von Heimatverlust und gesellschaftlichen Entwicklungen erzählt und für uns abgesehen von der Sprachverirrung, die der Autor Khaled und den Lesern glaubte antun zu müssen, ein Tip.
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