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Das waren Neue Harte ...
Hallo,
und weiter geht's mit dem Buch Nummer 3 für diesen Monat ...
Viel Spaß!
Ihr & Euer
Bücherbar-Team
Februar 2020
Autor/Herausgeber/Reihe:
Fred Pearce:
Titel:
Fallout
Das Atomzeitalter – Katastrophen, Lügen und was bleibt
3.
Originaltitel:
Fallout: Disasters, Lies, and the Legacy of the Nuclear Age
Erscheinungsland
Original: GB
Erscheinungsjahr
Original: 2018
Marode Kernkraftwerke, drohendes Wettrüsten, gekündigte Atomabkommen – der Geist der Radioaktivität schwebt weiter über uns. Aber was genau wissen wir über die Folgen von Verstrahlung und die Gefahren, die von stillgelegten Meilern ausgehen? Wie leben die Menschen in und um die Sperrzonen? Und wohin mit dem ganzen Atommüll? Eine fesselnde Reportagereise durch das nukleare Zeitalter.
Hiroshima, Bikini Atoll, Sellafield, Tschernobyl, Fukushima, Gorleben – Namen, die nicht mehr nur Orte bezeichnen, sondern Katastrophen und immense materielle wie immaterielle Kosten. Sie erinnern an das Zusammentreffen von menschlicher Genialität, Machtmissbrauch und schlimmstem Versagen. Dabei hat ein jeder dieser Orte seine eigene ernüchternde Geschichte zu erzählen. Zusammen ergeben sie die Chronik des nuklearen Zeitalters.
In seiner fesselnden und hervorragend recherchierten Reportage untersucht Fred Pearce die größten atomaren Desaster der letzten siebzig Jahre und bereist die ikonisch gewordenen Orte. Er besichtigt mit Wissenschaftlern und Ingenieuren stillgelegte Reaktoren und verlassene Testareale, entdeckt auf verseuchtem Brachland radioaktive Wölfe und mutierte Pflanzen, aber auch eine überraschende Widerstandskraft der Natur.
Überlebende, Ärzte und Aktivisten erzählen ihm, was Täuschungen durch Konzerne, staatliche Verschleierungen und die Vertuschung medizinischer Erkenntnisse physisch und psychisch angerichtet haben.
Aus dem britischen Englisch übersetzt von Tobias Rothenbücher
Deutsche Erstausgabe
Gebundenes Buch / Hardcover
Kunstmann Buch ca. 340 Seiten ISBN 978-3-95614-359-5
Preis: 25,00 € (D) 25,70 € (A) 39,90 sFr (CH)
Die Werbung und Kurzinfos zu diesem Buch finden wir, nachdem wir es gelesen haben, doch etwas übertrieben. Mit seinem Buch, heißt es, ruft Pearce uns ins Gedächtnis, was wir nicht vergessen sollten: das ganze Ausmaß und die Folgen der zerstörerischsten Technologie, die die Menschheit je erfunden hat. Klar daß die Kernergiebefürworter dieses Buch als Munitionslieferant für Umweltschützer abwerten, ohne die Dinge "differenziert" zu sehen und die vielen Vorteile der "umweltfreundlichen" Kernergie zu erwähnen. Statt dessen hatten wir das Gefühl, daß der Autor gerade zu oft versucht, bei niemandem, besonders bei der Kernenergiewirtschaft ernsthaft anzuecken. Zu oft für unseren Geschmack hat er versucht zu relativieren, daß die Kernergie ja gar nicht das Problem ist und Strahlung halb so wild und alles nur eine Frage der psychischischen Probleme durch künstlich geschürte Panik ist. Keine allzugroße Überraschung, wenn man berücksichtigt, daß er, wie er es selbst in diesem Buch formuliert, heute für die "von der Atomkraft begeisterte Zeitschrift New Scientist" arbeitet. Außerdem ist dies eines der heute modernen "Recycling-Bücher", in denen Beiträge, die Journalisten bereits in Zeitungen und Zeischriften etc. veröffentlicht haben, ein wenig neu zusammengestellt und zusammengeschrieben werden. Auch bei diesem Buch sind Teile des Materials in anderer Form bereits in anderen Publikationen erschienen (darunter natürlich auch im New Scientist). Und: "Diese Auftragsarbeiten haben zur Finanzierung meiner Reisen beigetragen." Wenn man also berücksichtigt, daß die Beiträge in diesem Buch nicht ganz neu (die Arbeit an diesem Buch scheint 2017 abgeschlossen zu sein, die Artikel also noch ein wenig älter) und durch die Natur der "Auftragsarbeiten", die die Reise mitfinanzierten, nicht unbedingt völlig unabhängig sind, ist dies ein interessanter Lesestoff, in dem der Leser einiges über die Entwicklungsgeschichte der meist militärisch motivierten Nutzung der Kernkraft erfährt. Dabei spielen sich die meisten Szenarien in den Anfangstagen der Kernwaffentests in den fünfziger Jahren ab, aber es gibt auch Einblicke in britische, russische, amerikanische und japanische Kernkraftnutzung (samt diverser "Störfälle") in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Prinzipiell ist das Buch zwar in vier Teile gegliedert: Zerstörer der Welten (Atomwaffentests), Kalter Krieg – heiße Teilchen, Atomkraft für den Frieden (Kenkraftswerkskatastrophen) und Aufräumarbeiten (Atommüllentsorgung), dennoch nimmt die militärische Nutzung den deutlich größten Teil des Buches ein. Was der Leser bei all dem mitnehmen kann, ist vor allem die Menschenverachtung und Sorglosigkeit, mit der die Verantwortlichen für die diversen Einrichtungen oder Tests zur Kernkraftnutzung vorgingen und -gehen. Das begann schon mit den ersten Bombentests, bei denen Soldaten in die Nähe der Tests befohlen wurden und auch auf die Bewohner der für die Tests genutzten Inseln nicht viele Gedanken verschwendet wurden. Der Leser erfährt einiges über die ersten Atomtests und daß Menschen in Gefahr gebracht wurden und elend starben, nur weil die Generäle "wissen wollten ..." - und das betrifft die russischen, französischen, britischen und amerikanischen. Außerdem erfährt der Leser einiges über die diversen Unfälle in Kernanlagen, die meist vor den Betroffenen Bewohnern der Region und der Öffentlichkeit geheim gehalten wurden (und wohl zum Teil auch noch werden) und die meist nur durch Zufälle oder den Zusammenbruch staatlicher Strukturen ans Tageslicht gekommen sind. Die Reise geht zu Wäldern mit verstrählten Wölfen, in die Städte der Atombombenabwürfe und die Orte der bekanntesten Kernkraftwerk-Desaster. Es gibt Gespräche mit Verantwortlichen, Wissenschaftlern und Zeitzeugen und man erhält einen Einblick in die britische Wiederaufbereitungsgeschichte und die vor sich hin rottenden, verstrahlten Lagerstätten für die Hinterlassenschaften der strahlenden Zukunft. Und man erfährt über die Zukunftsträume der Atomenergie-Techniker, die uns noch immer mit neuen Technologien beglücken wollen. Insgesamt ist dies eine durchaus interessante Reise, die sich größtenteils bei den Kernwaffentests der fünfziger Jahre aufhält, aber auch einige Einblicke in spätere, aber nicht unbedingt vertrauenerweckendere, Entwicklungen der späteren Jahre bietet. Besonders interessant für deutsche Leser dürfte dabei das 24. Kapitel sein, in dem der Autor Gorleben besucht und über seine Vergangenheit und Zukunft mit Beteiligten vor Ort spricht. Allerdings geht der Autor für uns zu oft zu sehr ins Detail, um etwa darzulegen, wie eine bestimmte Kernwaffe aufgebaut ist und zur Detonation gebracht wird oder in die tieferen chemischen und physikalischen Grundlagen eintaucht. Das Buch ist ansonsten sehr verständlich und gut lesbar geschrieben, wobei der Autor, wie er auch selbst schreibt, auf Fachtermini weitgehend verzichtet oder sie zumindest erklärt, wenn sie zum ersten Mal vorkommen. Am Ende des Buches werden die wichtigsten Begriffe - und merkwürdigerweise davon getrennt einige Seiten weiter auch einige Abkürzungen - aus dem Buch noch einmal einem kurzen Glossar zusammengefaßt und erklärt. Danach folgen noch die nach Kapiteln sortierten Quellenangaben, oft mit Angabe einer URL zur zugehörigen Webseite (die im ebook auch direkt angeklickt werden können). Zum Abschluß folgt noch ein (mit Index überschriebenes) Stichwortverzeichnis, etwas, das heute (ebenso wie Angaben zu Übersetzern, Originaltiteln und Originalausgaben) zur Seltenheit geworden ist. Insgesamt eine durchaus interessante, aber manchmal zu detaillierte Reise in die Welt der Kernwaffen und Kernergie - und den damit verbundenen Fallout ... direkt und indirekt.
Neue Harte-Archiv – neu und interessant in diesen zwei Monaten
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