November 2017 |
Autor/Herausgeber/Reihe:
Reso Tscheischwili: |
Titel: Die Himmelblauen Berge |
2.
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Originaltitel:
Ćisṕeri mṫebi
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Erscheinungsland
Original:GE |
Erscheinungsjahr
Original: 1980 |
Am Irrwitz behördlicher Formalien und Prozeduren ließen nicht nur Karl Valentin seinen Buchbinder Wanninger oder René Goscinny und Albert Uderzo ihre Helden Asterix und Obelix verzweifeln, auch der georgische Schriftsteller Reso Tscheischwili steuerte 1980 seine Version des heftig wie- hernden Amtsschimmels bei, die in der Edition Monhardt im November 2017 erstmals in deutscher Sprache erscheint.
Schrifsteller Sosso liefert die dritte Fassung seines Manu- skripts ab. Doch im absurden System des Verlages haben alle alles andere tun, als sich um Bücher zu kümmern. Die Mitarbeiter verbringen ihre Zeit mit Spielen und sinnloser Geschäftigkeit.
Sossos Manuskript geht in den zahllosen Abteilungen des Betriebs verloren und wird schließlich aus verschiedenen Fassungen wieder zusammengekittet, während sich an den Wänden des hermetisch geschlossenen Gebäudes besorg- niserregende Risse abzeichnen und unterirdische Beben zu spüren sind ...
Auf der Grundlage dieses Buches verfaßte Tscheischwili das Skript zur 1984 erstaufgeführten sowjetischen Filmsatire "Die Himmelblauen Berge oder Eine unglaubwürdige Geschichte" von Eldar Schengelaja (in der DDR unter dem Titel "Das Blaue vom Himmel").
Aus dem Georgischen übersetzt von Julia Dengg und Ekaterine Teti
Mit einem Nachwort von Ilia Gasviani
Deutsche Erstausgabe
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Gebundenes Buch / Hardcover mit Lesebändchen
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Edition Monhardt Buch ca. 160 Seiten ISBN 3-9817789-2-8
Preis: 22,00 € (D) 22,00 € (A) 25,00 SFr (CH) |
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Unsere Meinung: Wir haben dieses Buch wirklich mögen wollen, und äußerlich ist auch passend zum Inhalt sehr ansprechend gestaltet. Aber wie bei vielen anderen Werken osteuropäischer Literatur werden wohl die meisten Leser unserer Breiten (uns eingeschloßen) ihre Probleme mit diesem Buch haben. Das liegt zum einen daran, daß die Geschichte, wenn denn eine sich vorwärtsbewegende solche erkennbar ist, für uns eher wirkte wie eine Kamerafahrt oder die Drehbuchanweisungen dazu, die von außen auf das Geschehen gerichtet ist, ohne daß der Erzählende oder Leser andere Informationen erhält, als was gerade ins Gesichts- und Hörfeld gerät. Mehr als einmal wird dieser Eindruck noch verstärkt durch die Formulierungen wie, daß wohl dies und jenes oder daß jener oder jene wahrscheinlich dies oder jenes getan hat - aber wissen weiß es der Erzähler wohl nicht. Daneben ist die Geschichte wohl so verschlüsselt, daß man als Leser schon wissen muß, welche Zitate oder Anspielungen genutzt werden, was außerhalb der Entstehungsregion und -Zeit nicht einfach, für uns leider nicht zu erkennen ist. Was uns zudem das Lesen erschwert hat, ist das Fehlen von Sinnabsätzen oder -Abschnitten, von Kapiteln ganz zu schweigen. Da ist es beispielsweise in einem Satz später Abend und scheint übergangslos im nächsten Satz die Sonne. Inhaltlich erinnert es ein wenig an eine Szene aus dem Couplet vom Überzieher von Otto Reutter: "Alles schwirrt, kracht und klirrt, bis der Wirt gerufen wird. Schließlich irrt auch der Wirt, schimpft mit mir und wird verwirrt." Vom Inhalt der blauen Berge erfährt der Leser nichts, alles was erwähnt wird ist, daß sie in einer ersten Fassung die blauen Brücken waren und daß der Verlagschef kritisiert, daß das Buch einen doppelten Titel trägt. Ansonsten irrt der Autor von einem Ende des Verlagshauses zum anderen, verteilt und sammelt Teile des Manuskriptes bei diversen Verlagsmitarbeitern ein und es wird halbwegs deutlich, daß es generell nur um Abläufe, nicht aber um Inhalte geht. In einem typisch konkreten Satz aus diesem Buch konstatiert beispielsweise der Direktor: "(...) von Amts wegen untersteht er uns, (...) obwohl er nicht unseren Weisungen unterstellt ist; früher unterstand er unseren Weisungen, war uns aber von Amts wegen nicht unterstellt ..." Daneben stehen eine Gruppe Motorradfahrer, die Urlaubs- oder Nicht-Urlaubspläne, die Zahlung oder Nichtzahlung von Urlaubsgeldern, Nierentabletten gegen Zahnschmerzen, ein Bild, das vielleicht herabzufallen droht und daß deshalb abgehängt werden soll, die Berg- und Himmelblaulosigkeit der menschlichen Leidenschaften und Triebe und ein Vulkanier, der anstelle des angestellten Mechanikers den Aufzug repariert, im Interesse der Mitarbeiter. Dabei wiederwiederwiederholt sich diverses diverse Male, ohne daß irgendeein Fortschritt zustande kommt. Ziel des ganzen Irr- und Wirrgartens ist, wie sich gegen Ende des Buches herausstellt, die Entscheidung um die Annehmbarkeit oder die Unanehmbarkeit des Manuskripts - was überraschenderweise ausgeht wie ein Hornberger Schießen. Währenddessen sich der Autor in den Untergund begibt, um über die das Verlagsgebäude bedrohende Metro zu schreiben (oder die Bedrohung aufzuhalten, oder beides). Wenn wir vorher gesagt haben, niemand habe die blauen Berge (vormals blauen Brücken) gelesen, so trifft das nur auf die Verlagsmitarbeiter 100%ig zu - es soll jedoch jemanden geben, der das Buch im letzten Herbst gelesen und dem es gefallen hat. Warum es ihm gefallen hat, weiß er allerdings nicht mehr. Genausowenig wie wir das nach 149 Seiten wissen - oder warum wir dieses Buch gelesen haben - uns fehlte der Zugang. Vielleicht hatten wir ja einfach keine gegengezeichnte Zugangsberechtigung. |