März 2015 |
Autor/Herausgeber/Reihe:
Anne C. Voorhoeve: |
Titel: Kascha Nord-Nordost |
14.
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Originaltitel:
Originaltitel |
Erscheinungsland
Original: D |
Erscheinungsjahr
Original: 2015
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Dezember 1978. Valentina Natzweiler, genannt Kascha, hat es nicht leicht: Die Mitschüler wollen nichts mit ihr zu tun haben, die Nachbarn schauen auf die Natzweilers herab. Denn diese sind Sinti, denen die "Gadsche" (die Deutschen) grundsätzlich miß- trauen.
Noch dazu ist Kaschas Großvater schwer krank, ihre geliebte große Schwester will ausziehen – und was verheimlichen die Eltern ihr über die Vergangenheit der Familie?
Als Kascha mit ihrer Familie aus Süddeutschland in ein Dorf im Norden zieht, hofft sie, dort eine Freundin zu finden. Doch die Dorfbewohner meiden die Sinti-Familie.
Sogar Kaschas Cousine Bettina, deren Vater ein Sinto ist, schämt sich für die Verwandtschaft mit ihr.
Doch als ein Schneesturm das Dorf von der Außenwelt ab- schneidet, bleibt nichts, wie es war.
Nur wenn alle Nachbarn zusammenhalten, haben sie eine Chance ...
Vom Verlag empfohlen für Leser ab 12 Jahren
Originalausgabe
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Gebundenes Buch/Hardcover
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Direkt beim Verlag bestellen:
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Ravensburger Buch, ca. 320 Seiten ISBN 3-473-40124-2
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Preis: 16,99 tEuro (D) 17,50 tEuro (A) 27,90 SFr (CH) |
Beim onlineshop:
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Unsere Meinung:
Einmal eine für die meisten Leser ungewohnte Sicht auf die Gadsche und das tägliche Leben im Deutschland der späten siebziger Jahre. Durch die Augen und Ohren und nicht zu vergessen den äußerst wachen und mitunter recht bissigen Verstand der Valentina Natzweiler lernt der Leser zunächst das abgelegene Dorf im deutschen Norden und seine Bewohner, dann ihre eigene Familie und schließlich die recht unerfreulichen Beziehungen untereinander kennen. Achja, Valentina Natzweiler ist nur der "Paipername" der jungen Erzählerin, im Kreise der Sinti und für sich selbst ist sie Kascha. (Einige weitere Wörter aus der Sinti-Sprache (etwa, daß Gadsche der Begriff für die Nicht-Sinti ist) und kurze Infos zu Sinti und Roma finden sich zudem auf den beiden letzten Seiten des Buches.) Und das ist neben der hereinbrechenden Schneekatastrophe das zweite interessante Thema dieses Buches, ganz unauffällig bekommt man auch mehr über die Lebensweise, Traditionen und vieles andere, was mit dem Sinti-Leben zu tun hat, kennen. Kaschas Familie hat sich zwar weitgehend in die bundesdeutsche Gesellschaft integriert - soweit diese das zuläßt - ohne dabei ihre Identität als Sinti aufzugeben. Oder wie es an einer Stelle im Buch der sterbende Großvater formuliert: "Mach Deinen Frieden (mit den Leuten), dann kannst du auch bleiben, wer du bist." So begleiten wir Kascha un ihre Familie zum jährlichen Treffen aller Sinti im deutschsprachigen Raum und erfahren auch mehr über die Familiengeheimnisse, die sich um ein Haus und ermordete Tanten drehen. In das gespannte Verhältnis der Sinti-Familie mit den Dorfbewohnern - bei dem auch die Vertreter der deutschen Staatsgewalt nicht unbedingt den vorteilhaftesten Eindruck hinterlassen - kommt erst vorsichtig positve Bewegung, als ein unerwartet schwerer Wintereinbruch das normale Leben zum erliegen bringt. Und plötzlich scheint das kalte Wetter die ebensolchen Schultern zu erwärmen, die die guten deutschen Dorfbewohner bisher den sogenannten Zigeunern gezeigt hatten (von ernsteren Handgreiflichkeiten ganz zu schweigen). Erschwerend für Kascha, die zu Beginn immer noch damit zu kämpfen hat, daß sie von dem Umzug in den hohen Norden nicht gerade begeistert war, kommen noch die schwere Krankheit ihres Großvaters, die Hochzeits- und Fluchtpläne ihrer geliebten großen Schwester, ein nicht abgesandter Brief mit unerwartetem Inhalt und die Anwesenheit ihrer ebenso verhaßten Cousine und ihres Gadscha-Vaters hinzu, was für zusätzliche Spannung, Traurigkeit, aber auch Witz sorgt. Alles in allem eine sehr gut zu lesende Wintergeschichte, deren leicht märchenhaftes Ende Hoffnung darauf macht, Hoffnung haben zu können, daß die Menschen irgendwann mal miteinander auskommen, statt sich ständig gegenseitig auszugrenzen. Trotz der ernsten Themen macht es durch die eigenwillige Betrachtungs- und Schreibweise der Erzählerin einfach auch Spaß, dieses Buch zu lesen. Für uns ist dies auf jeden Fall ein Tip. |