Hans-Ulrich Grimm:
Die Suppe lügt
(Knaur Taschenbuch: März 1999, Original: Klett-Cotta, BRD,
1997, Originaltitel)
(Neuauflage als Knaur Taschenbuch April 2008, als Droemer Buch März 2014)
Wie sang doch Oskar in der Sesamstraßen-Mülltonne so schön:
"Iiiich maag Müll, alles,
was schmutzig ist, dreckig und speckig ..."
Dank der modernen Lebensmittelchemie ist zwar nicht dieses Lied
aber dieser Müll heutzutage in aller Munde und Magen - und das
keineswegs im "übertragenen Sinne". Fein kaschiert
mit Geschmacksstoffen vertilgen Verbraucher in aller Welt in
Alkohol gelöste australische
Sägespäne als "Erdbeeren" und aufbereiteten Klärschlamm als
"Gulasch".
Wieder ein Lebensmittelskandal? fragt sich wohl der eine oder die
andere jetzt. Da muß doch etwas geschehen! Nein, muß nicht. Jeder
kann getrost weiteressen - diese Pamperei ist völlig legal (mit
höchstrichterlichem
Segen) und geschieht mit wohlwollendem Wissen der amtlichen
Stellen.
Dank höchstrichterlicher Entscheidung ist
es nämlich sch....-egal, was heutzutage in sogenannten
Lebensmitteln
drin ist:
Auf den Verpackungen darf stehen, was die Konzerne drauf haben wollen und sonst
nix. So entschied beispielsweise der europäische Gerichtshof
1995, daß
eine Pampe aus Pflanzenfett (statt Butter) und Farbstoffen
(statt Eiern)
den Namen Sauce Bérnaise oder Hollandaise tragen darf. "Zwar
werden
die Verbraucher möglicherweise in Einzelfällen irrgeführt, jedoch
ist diese Gefahr gering."
Und während ein Lebensmittel-Skandal die nächste
Umweltverschmutzung jagt, steckt die "virtuelle Gaumenfreude"
bereits
tief in dem, was täglich in deutschen Landen mehr oder weniger
frisch
auf den Tisch kommt. In kaum einer Dose oder Tüte, keinem Riegel
oder einer
sonstigen Verpackung
steckt heute noch drin, was eigentlich hineingehört - und was nostalgische
Hausmänner und -frauen ihrer völlig unmaßgeblichen (und für
Lebenmittelchemie, Politik
und Konzerne völlig uninteressanten) Meinung nach
berechtigterweise
darin vermuten.
Erdbeergeschmack beispielsweise stammt heute in den meisten
Fällen aus einer chemischen Geschmackspampe, die aus
australischen Sägespänen hergestellt wird. Und da die Sägespäne natürlichen
Ursprungs sind, darf auf der Packung, in der diese Pantsche enthalten
ist (sei es Erdbeerjoghurt, Eis, Pudding etc.) auch draufstehen, daß
es sich um "natürliche Zutaten" handelt. Lecker, lecker, gelle? Und das ist noch eine
der harmloseren Substanzen, mit denen die Groß-Industrie heute unser
Essen verfeinert.
Mancheiner hat ja schon einiges geahnt. Kaum einer glaubte noch wirklich
an die fleissigen Köchinnen, die in der Dr. Oetker Küche oder dem Maggi
Kochstudio die Dosen und Tüten aus großen Kochtöpfen mit natürlichen
Zutaten füllen. Doch auch wer unseren Industriekotzernen, Gerichten,
Juristen und Politikern die größten Sauereien zutraut, wird mit Sicherheit in diesem Buch Dinge erfahren, die seinen oder ihren Magen bis an die
Grenze
der Belastbarkeit strapazieren. Es sei denn, er oder sie sei
Lebensmitteltechniker, Politiker
oder Jurist. Für die ist das alles nämlich ganz in Ordnung. Ja,
die Lebensmittelvergewaltiger sind sogar stolz darauf, welche
geschmacksstoffübertünschten Klärschlamm sie heute zustande und unbemerkt auf
den Teller
bringen. Politik und Juristerei helfen ihrerseits tatkräftig dabei,
daß der "Endverdauer" nicht damit belästigt wird, was für eine
Suppe wirklich in der Suppe steckt. Eines kann jetzt schon gesagt
werden: Von manchen schwarzen Science Fiction-Visionen sind wir nicht
mehr sonderlich weit entfernt - wenn wir sie nicht bereits weit
hinter uns gelassen haben.
Wie unappetitlich unser Essen inzwischen geworden ist
und daß es weder Grenzen der Geschmacklosigkeit für die
Chemie- industrie noch zwischen Viehfutter und
menschlicher Nahrung
gibt, davon weiß dieses Buch eine ganze Menge zu berichten.
Hans-Ulrich Grimms Recherchen beweisen: Unsere Nahrung wird
mit einem Cocktail verschiedenster Chemikalien behandelt – ohne
Rücksicht darauf, ob es dem Verbraucher schaden könnte. Wer
sich wirklich dafür interessiert, womit er oder sie heutzutage
abgespeist wird, erfährt in diesem Buch eine ganz Menge ebenso
Unglaubliches wie Unappetitliches.
Ein informatives, unterhaltsam geschriebenes, gut lesbares und spannendes
Buch über den alltäglichen Wahnsinn der Lebensmittelchemie, das wir jedem nur wärmstens an den Magen
legen können.
Man sieht sich dann vielleicht demnächst, beim Biobauern ... tn
Hans-Ulrich Grimm:
Die Suppe lügt - Die schöne neue Welt des Essens
Knaur Taschenbuch
Original:
ca. 190 Seiten
8,45 ECU
ISBN 3-426-77402-x
Aktualisierte Neuauflage April 2008:
ISBN 3-426-78076-3
ca. 220 Seiten
EUR 8,99
Komplett überarbeitete und stark erweiterte Neuausgabe März 2014 als Droemer Hardcover:
ISBN 3-426-27631-3
ca. 320 Seiten
EUR 18,00
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