Valerio M. Manfredi:
Das Totenorakel
(April 2004, August 1998 als "Das Orakel",
Originaltitel: "L'Oracolo", Italien, 1990)
Alles beginnt am 16. November 1973 um 20:00 in Ephyra im Nordwesten
Griechenlands - eines Griechenlands, das unter der brutalen Knute der
Diktatoren lebt. Professor Harvatis ist am Ende seiner lebenslangen Suche
angelangt - und auch seines Lebens. Im Inneren eines antiken Totenorakels
öffnet er das Tor zur Unterwelt und findet eine Vase, die den Schlüssel zur
letzten, mythenumwobenen Reise des Odysseus birgt ...
Während der Archäologie-Professor mit letzter Kraft versucht, die Vase in
Athen in Sicherheit zu bringen, und seinem Assistenten aufträgt, eine
Botschaft an eine bestimmte Adresse zu überbringen, entwickeln sich völlig
unabhängig an anderen Stellen in Athen Geschehnisse, die erst Jahr später zu
einem phantastischen Showdown führen sollen. Studenten besetzen aus Protest
gegen die Diktatur und - für alle, die meinen, Studenten protestieren nur
immer "gegen" - für die Menschen- und Bürgerrechte ihre Universität, das
Polytechnikum. Doch der brutale Staat schläft nicht ...
Während viele Studenten unter den Walzen der Panzer oder den Gewehrsalven
der Staatsdiener ihr junges Leben lassen müssen, hält das Schicksal für die
griechische Studentin Heleni und ihren italienischen Freund Claudio Setti
grausame Folter bereit. Selbst die Hilfe einiger Freunde - ausländischer
Studenten - kann Heleni und Claudio nicht vor dem Zugriff der Staatsmacht
retten. Auch die ausländischen Studenten kommen nur mit knapper Not und dem
Leben davon. Heleni aber wird von den staatlichen Ordnungshütern zu Tode
gefoltert, während Claudio hilflos zusehen muß.
Komplettiert wird die brisante Mischung durch einen skrupellosen Polizeichef
und einen geheimnisvollen Unbekannten, dem es gelingt, Claudio lebend aus
den Händen der Staatspolizei zu befreien und in Sicherheit zu bringen. Doch
Jahre später taucht der Fremde, der sich der Kommandant nennen läßt, wieder
bei Claudio auf - es ist an der Zeit, alte Rechnungen zu begleichen!
Während sich in Griechenland die merkwürdigen Tode ehemaliger Athener
Staatspolizisten mehren, sehen sich auch die ausländischen Studenten auf
geheimnisvolle Weise wieder nach Griechenland zurück gezogen - das Land, an
das sie nach den grausamen Erlebnissen jener Tage 1973 lieber nicht mehr
denken wollten. Auch sie finden sich in die geheimnisvollen Ränke jenes
mysteriösen Unbekannten verwickelt und immer mehr wächst in dem Leser der
Verdacht, daß der Unbekannte nicht nur daran interessiert ist, Claudio bei
der Begleichung seiner Rechnung zu helfen ...
Dieses Buch gehört wieder zu jenen, in denen der Autor Realität und
Erfindung vermischt. Sehr gut vermischt in diesem Falle! Herausgekommen ist
ein schrecklich spannendes - und wie würde der öffentlich-rechtliche
Kommentator es ausdrücken? "betroffen machendes" -, in jeder Beziehung
phantastisches Buch. Während die Diktatur und der mit brutaler
Unmenschlichkeit zerschlagene Studentenaufstand im Griechenland jener Tage
traurige Realität waren, sind die Erlebnisse des Archäologie-Professors und
der Studenten reine Phantasie. Und was den geheimnisvollen Unbekannten
angeht? Lest es selbst! (Auch keine der heute leider üblichen Mängel bei der
Übersetzung - rundum lesenswert!)
tn
Valerio M. Manfredi:
Das Totenorakel
Serie Piper Taschenbuch
ca. 430 Seiten
8,90 tEUR (D)/9,17 ECU
ISBN 3-492-24200-6
* Ecu: HFL/DM = ECU x2, BEF = ECU x 40, öS:
x15,6, sfr: x1,8