Wie gut, daß wir hier in der Bücherbar nicht dem "Schubladen-Zwang" unterliegen. Gehört das heute vorgestellte Buch jetzt in die Schublade Liebesgeschichte? Oder müßte es nicht doch eigentlich in Mimis Krimi-Lade? Oder gar in die Schublade "sozialkritische Beziehungskisten vor dem Hintergrund ..." Oder ... ?
Völlig egal. Für uns gibt es nur zwei Klassen von Büchern: gute und schlechte, interessante und langweilige, gut übersetzte und solche, denen man bei jedem dritten Satz anmerkt, aus welcher Sprache sie "übersetzt" wurden. Dieses Buch gehört eindeutig in die Klasse interessant und gut übersetzt.
Erzähler, Mittel-, Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte ist Tim Cornish, seines Zeichens Student der Literatur. Naja, sagen wir besser: Er nimmt an einem zweijährigen Lehrgang "Kreatives Schreiben" an der Universität von P. teil.
Der Leser erfährt die kreative Geschichte seines jungen Lebens, die zusammen mit dem Lehrgang eigentlich so richtig beginnt, indem der "Held" (also Tim Cornish) dieselbe niederschreibt. (Und ergänzend durch die schriftlichen "Zeugnisse" zweier Personen, auf deren Leben der Erzähler bzw. diese Geschichte ebenfalls mehr oder minder drastische Auswirkungen hat.) Dabei wechselt das Buch immer wieder zwischen dem "Heute" und der erzählten Vergangenheit.
Diese Vergangheit besteht aus der Zeit auf dem Campus der Universität und den, sagen wir extramatrikularen Freizeitbeschäftigungen. Hinzu kommt nach einigen Liebeleien auch die scheinbar große Liebe für unseren Helden. Die Aufs und Abs in dieser Beziehung und schließlich die noch größere Liebe ...
Warum Cornish die Geschichte niederschreibt? Nun vielleicht als eine Art Buße für ein Verbrechen, das er begangen hat? Oder um dahinter zu kommen, wer ihm diese merkwürdigen Briefe mit Geschichten über Schiffbrüchige schicken könnte? Oder einfach nur, um Ordnung in seine Gedanken und sein Leben zu bekommen?
Halt. Krimi? Verbrechen? Welches Verbrechen? Nun, das erfährt der Leser erst, nachdem er den Lebensweg des Hauptdarstellers ein ganzes Stück begleitet hat, die Figuren - und den nicht unbedingt "über alle Zweifel erhabenen" Charakter des Chronisten - besser kennt und ahnt, worauf die diversen Andeutungen im Manuskript hinauslaufen könnten. Denn offenbar ist es für den schreibenden "Kreativen" nicht ganz einfach mit der herauszurücken, was ihn bedrückt - auch wenn er es nur den weißen Seiten anvertrauen muß.
Zum Schluß sei nur noch soviel verraten: Immer, wenn der Leser gerade glaubt, jetzt habe er alles durchschaut und wisse, worauf das alles hinausläuft, gibt es einen neuen "Twist in the Tale" und die ganze Fragerei geht von vorne los. Und das bleibt bis zur letzten Seite so. Der Titel stammt übrigens aus der Arie des Ochs im "Rosenkavalier" und ist so etwas wie "unser Lied" für den "jugendlichen Liebhaber" dieses Buches und seine "große Liebe". Und auch beim Lesen dieses Buches ist wirklich keine Nacht zu lang - eher viel zu kurz.