Guni Piegdon:
Die Intrigantin
(BRD, Mai 1998)
Es können die besten nicht in Frieden arbeiten, wenn es der karrierebesessenen Kollegin nicht gefällt. Daß dies keine phansievolle Bauernregel, sondern harte Realität im heutigen Arbeitsmarkt ist, muß auch Michaela Hummel am eigenen Leib erleben. Zunächst aber ist es unter anderem dieser Leib, mit dem alles anfängt.
Der tägliche Kampf mit der Waage (die natürlich eiskalt und böswillig lügt) nervt. Die Benjamin-Blümchen-Figur nervt. Mann, Kind und Hüftspeck zieren ihr Dasein. Das sportliche Training beschränkt sich auf das Stemmen von Schokoladenriegeln. Ihr vielseitiges Interesse verliert sich im Dschungel der Sonderangebote.
An dieser Stelle sagt sich Michaela, daß sie endlich ihrem Frustkoma entkommen muß. Während die modischen Stylingversuche nicht die volle (dafür aber vollmundige) Unterstützung ihres Nachwuchses erhalten, verhelfen die wöchentlichen Stunden im Sportcenter immerhin zur Verabschiedung von vier Kilo Lebendgewicht. Die Devise lautet: Es muß sich etwas ändern.
Und damit sich etwas ändert, besorgt sie sich am Samstag die Zeitungen mit den Stellenanzeigen. Wie bereits zu vermuten war: Alle suchen eine fünfundreissigjährige Teilzeitmanagerin mit einem einjährigen Sohn ... Am vierten Sonntag findet sie dann aber - mit tatkräftiger Unterstützung eben jenes Sohnes - die Anzeige, die ihr Leben in den nächsten Jahren gründlich verändern soll.
Sie bewirbt sich als Schwangerschaftsvertretung in der Marketingabteilung eines Herrenunterwäsche-Unternehmens - und bekommt den Job. Die Kollegen sind nett, die Arbeit macht Spaß und eigentlich hätte es ein wunderschöner Sommer werden können ...
... wenn da nicht eines Tages Mechthild Bison im Türrahmen gestanden hätte. Ziemlich schnell ändert sich das Klima im Unternehmen. Es wird kälter, wenn nicht gar frostig. Denn die umfangreiche Mechthild Bison - die ihre Kollegen lieber geschüttelt als gerührt hat - verfügt über ein ebensolches Arsenal bösartiger, hinterlistiger und niederträchtiger Maßnahmen, sich selbst nach oben zu intrigieren, das sie auch rücksichtslos anwendet - Widerstand ist zwecklos.
Während Mechthild Bison mit ihren Pfunden pfründet, äh, Pfründen wuchert, bleibt den Mitarbeitern der Marketing-Abteilung nicht lange verborgen, daß "Latrina" (diesen "Ehrentitel" hat sie sich inzwischen redlich verdient) "von Tuten und Blasen" keine Ahnung hat - es sei denn im Monika Schlawinski-Sinne. Trotzdem ist der kometenhafte Aufstieg der neuen "besten Mitarbeiterin" scheinbar unaufhaltsam, und wenig später kann die Nation die Bision und eine Herrenwäsche-Kollektion im Fernsehen bestaunen, wie sie noch nie zuvor ...
Ob sich die Firma die Bison im Unterwäschemarketing auf Dauer leisten kann, ob die Kollegen sich nicht doch noch im Katastrophen-Managment üben oder ob alles seinen kapitalistischen Gang geht ("die aber, die am besten mobbt, wird zu den bestbezahlten Positionen aufsteigen"), wird natürlich nicht verraten.
Verraten können wir dagegen, daß Guni Piegdon die Erlebnisse ihrer Heldin ebenso plastisch wie eigenwillig schildert, so daß schwächere Zeitgenossen durchaus in Atemnot geraten könnten - wenn mal wieder ein Lachkrampf demselben folgt (die treten beim Lesen dieses Buches unweigerlich auf). Fragen Sie nur ja nicht ihren Arzt oder Apotheker - lesen Sie !!!
Guni Piegdon:
Die Intrigantin
Heyne Taschenbuch 01/10623
ca. 250 Seiten
6,45 ECU
ISBN 3-453-13695-0
* Ecu: HFL/DM = ECU x2, BEF = ECU x 40, öS:
x15,6, sfr: x1,8