"Non scolae, sed vitae ... ääh...."
Also: Nicht für die Schule lernen wir, ... aber das kennen wir ja alle. Für das Leben. Jawoll. Genau dafür hat man zu lernen. Erst im Kindergarten, dann in der Schule, später auf der Uni und im Beruf. Wie wahr, wie wahr.
Das findet auch Gernot. Was er auf der Uni in der Theorie lernt,
das gilt genau so in der Praxis. Jawoll. Was lernt Gernot? Er
studiert Anglistik und Geographie. Und was hat er davon im Leben?
Was er gelernt hat, nämlich Englisch und Erdkunde, das kann in
seinem Job prima gebrauchen. Er fährt nämlich für die väterliche Spedition mit Lastern nach England und Irland. Er weiß also dank seines Geographie-Studiums genau, wo welcher Ort liegt, und wenn er das wider Erwarten einmal doch nicht weiß, kann er sich dank seines Anglistik-Studiums durchfragen. Und mit dem Geld, das er dabei verdient, kann er wieder ein bißchen studieren und noch mehr lernen, was er dann auf der nächsten Fahrt wieder nutzbringend anwenden kann. Ein prima geregelter Kreislauf!
Aber da das nicht ewig so weitergehen kann, nimmt Gernot endlich
den letzten Seminarschein in Angriff, der ihn noch von seinem
Examen trennt. Freund Holger hat ihm da entscheidend geholfen: Er
hat ihn auf das Shakespeare-Seminar aufmerksam gemacht und richtig
festgestellt, daß Gernot ja so viel von Frauen versteht, daß also
die Frauengestalten bei Shakespeare ein ideales Thema für ihn
seien.
Gernot fängt an, liest, vergleicht, überlegt, schöpft aus seinem
reichen Erfahrungsschatz, selektiert, gruppiert, klassifiziert und
faßt zusammen. Das Ergebnis: Bei Shakespeare lassen sich drei
Frauentypen unterscheiden, die auf ihre Art aber nur eine Funktion
erfüllen. Sie sind gewissermaßen der Katalysator für die
Entwicklung des Mannes, der so vom kleinen Trottel zum großen
T.... der so vom Taugenichts zum wertvollen Menschen wird (Huääch,
selten so gelacht! Meint die Seele der BB-Redaktion). Dazu müssen
die Frauen nichts weiter tun als entweder zu heiraten oder zu
sterben. Eine bahnbrechende Erkenntnis also, die Gernot da
entwickelt hat.
Das Seminar ist gebührend beeindruckt, und alle wünschen ihm viel
Glück, als er mit seinem Laster zu einer unversehens angebotenen
Fahrt nach Schottland aufbricht. Eine Studienfahrt natürlich.
Shakespeare in Reinkultur. Jawoll.
Nur: Irgendwie ist das so ne Sache mit der Theorie und dem Leben.
Einerseits passen manche Dinge zu gut, meint Gernot und erleidet
einen Hamlet-Komplex. Auch sein Vater ist urplötzlich
dahingeschieden, auch seine Mutter hat was mit seinem Onkel, auch
sein Onkel redet von Heiraten. Da wird doch wohl nicht etwa ...
Und andererseits diese Frauen. Also entweder haben die ihren
Shakespeare überhaupt nicht gelesen, oder die halten sich einfach nicht daran, was Shakespeare - nach Gernots Meinung jedenfalls - über das Wesen der Frau gesagt hat. Diese Frauen, die er so kennt und kennenlernt, die haben jedenfalls alle ganz eigene
Vorstellungen davon, wie das beziehungsmäßig so abzulaufen hat zwischen Mann und Frau. Gernot kommt ganz schön ins Staunen. Wie war das doch mit der Theorie?
Wie das so ist mit dem Elfenbeinturm Universität und dem, was
jenseits dieser hehren Mauern vor sich geht, das ist so
vergnüglich, das sollten Sie sich selbst durchlesen in dem Roman
"Hamlets Schottlandfahrt" von Jan Bergrath. Und Jan Bergrath weiß nun wirklich, wovon er schreibt und was er parodiert. Als Student kennt er den Uni-Betrieb zur Genüge, und langjährige Erfahrungen als Fernfahrer hat er auch. Wie es sich mit seiner Kenntnis über das weibliche Wesen verhält, bleibt allerdings offen ...
Jan Bergrath:
Hamlets Schottlandfahrt - Lebendige Wissenschaft
212 S., Paperback, 9 ECU*
Literatten-Verlag
ISBN 3-926217-11-1
* Ecu: HFL/DM = ECU x2, BEF = ECU x 40, öS:
x15,6, sfr: x1,8