Gordon R. Dickson:
Der Drachenritter-Zyklus
(The Dragon ... , USA, 1992-96)
Heute werden wir zum ersten Mal in der Bücherbar nicht ein einzelnes Buch sondern eine ganze Reihe als Tip der Woche vorstellen. In Zukunft werden wir das immer dann tun, wenn es sich anbietet (z.B. bei Michael Lewins Samson-Krimis). Jetzt aber zum heutigen Buchtip, der uns in die Fantasy-Welt mit Drachen und Rittern und allem was da sonst noch speit und fleucht entführt. Und wie alle märchenhaften Geschichten beginnt er mit ...
Es war einmal eine Zeit … da war James Eckert noch ein Assistent in der Historischen Fakultät einer amerikanischen Uni mit einem ganz normalen Leben: Er wartete auf einen besser bezahlten Job, damit er mit seiner Freundin Angie endlich zusammenziehen könnte – und vielleicht könnte man auch gar heiraten.
Doch erstens kommt es anders … Angie arbeitet für einen skrupellosen Wissenschaftler, der sie zur Teilnahme an einem dubiosen Experiment überredet. Es kommt, wie es kommen muß. Das Experiment geht schief, und nicht nur Angies Bewußtsein wird in eine andere Zeit transferiert, sondern gleich die ganze Angie. James kommt gerade rechtzeitig zu spät. Angie ist zwar schon verschwunden, aber der Wissenschaftler ist noch so verdattert, daß er James Verlangen nachkommt, ihn genau dahin zu schicken, wo Angie jetzt ist, auf daß er sie retten könne. Auch jetzt klappt nicht alles wie geschmiert: James' Bewußtsein ist über das Bewußtsein eines Drachens gestülpt worden, eines Drachens, der im mittelalterlichen England lebt und nur in Ruhe seinen Schatz vermehren und bewundern will.
Aber mit der Ruhe ist es erstmal vorbei. James bleibt nichts anderes übrig, als sich mit seinem Gastkörper anzufreunden, will er seine Angie denn finden und retten. Unnötig zu sagen, daß er beides letztendlich schafft. Wie er es schafft, das ist das Besondere an diesem Buch. Er muß lernen als Drachen zu leben, was der Autor so lebhaft schildert, daß man meinen könnte, er schreibt aus eigener Erfahrung. Darüber hinaus muß er lernen, mit den Gesetzen und Wertvorstellungen dieser mittelalterlichen Welt zurechtzukommen, die nicht nur ihren eigenen Ehrenkodex hat, sondern auch randvoll Magie steckt, und er muß Freunde finden, die bereit sind, mit ihm gegen die überlegenen Finsteren Mächte zu kämpfen, um Angie zu befreien. Daß James Geschichtswissenschaftler ist Spezialgebiet: das englische Mittelalter! – kommt ihm bei seiner Quest sehr gelegen. Darüber hinaus kann er aus seinem Wissen als Mensch des 20. Jahrhunderts mancherlei Vorteile ziehen, denn er kennt Zusammenhänge und kann Schlußfolgerungen ziehen, die dem mittelalterlichen Menschen verschlossen bleiben. Kein Wunder, daß er bald auch als Magier angesehen wird.
Am Ende des ersten Romans hat James seine Angie gerettet und viele Freunde gewonnen. Nun steht er vor einer schwierigen Entscheidung: Ab durch die Mitte und zürück nach Hause, oder bleiben? Wir ahnen es: Sie bleiben beide, und dank der Hilfe der Magie kann James seinen Körper aus dem 20. Jahrhundert nachholen und dem Drachen sein Bewußtsein wiedergeben.
James wird Sir James, und zusammen mit Angie bezieht er eine ansehnliche Burg. Er kommt aber nicht häufig dazu, seinen Pflichten als Burgherr nachzukommen, denn es gibt ein Abenteuer nach dem anderen zu bestehen. Immer wieder versuchen die Finsteren Mächte die Oberhand zu gewinnen, und James Eckert hat alle Hände voll zu tun, das Gleichgewicht der Magischen Kräfte zu erhalten.
Dabei bedienen sich die Finsteren Mächte immer wieder anderer Mittel. Sei es, daß sie einen Aufstand der Trolle inszenieren, machtbesessene Meeresbewohner aufhetzen oder orientalische Dschinns rekrutieren. Ohne seine Freunde und ohne seinen Lehrmeister, dem Zauberer Carolinus, wäre er hoffnungslos verloren.
Wie gesagt, ist es mindestens genau so spannend zu lesen, wie ein Mensch des späten 20. Jahrhunderts lernt, sich einer mittelalterlichen Welt anzupassen, wie dem Fortgang der Ereignisse zu folgen. Der Autor weiß eine ganze Menge über das Leben im Mittelalter und bringt dieses Wissen geschickt an den Leser. Darüber hinaus baut er ein gut durchdachtes, logisches magisches Weltbild auf, dessen Gesetze sich James (und damit dem Leser) erst nach und nach erschließen.
Zudem sind die Romane anscheinend sauber übersetzt, ich kann mich jedenfalls nicht an Stellen erinnern, an denen mein Sprachgefühl eine Gänsehaut bekam.
Immer wieder nervend ist jedoch, daß die Rückentexte den Inhalt des jeweiligen Buches so verzerrt wiedergeben, daß der Leser auf völlig falsche Fährten gelockt wird. Aber dieser Mißstand ist heutzutage so häufig anzutreffen, daß er schon beinahe normal ist. Dennoch ist es peinlich, daß Leute die Werbetexte schreiben, die die Bücher anscheinend gar nicht gelesen haben.
Gordon R. Dickson:
Heyne Fantasy Taschenbuch
ca. 400 - 600 Seiten
je 8,45 ECU
- 1. Die Nacht der Drachen (06/3769 und 06/5902)
- 2. Der Drachenritter (06/5903)
- 3. Der Drache an der Grenze (06/5904)
- 4. Der Drache im Krieg (06/5905)
- 5. Der Drache, der Graf und der Troll (06/5906)
- 6. Der Drache und der Dschinn (06/5907)
- 7. Der Drache und der Wurzelkönig (06/9049) erschienen 2/2000