John Brunner
Chaos Erde
(Original: Muddle Earth, USA, 1993)
Stellen Sie sich vor, Sie seien tot. Ähem. Alsoo. Stellen Sie sich vor, Sie seien tot gewesen und kommen in einer fernen Zukunft in einem merkwürdig technischen Raum mehr oder weniger wieder zu sich. (Schon besser)
Möglich, daß Sie es begrüßen wieder unter den Lebenden zu weilen, möglich aber auch, daß Sie da ganz und gar nicht drüber lachen können, weil Sie es sich vor ihrem Ableben energisch verbeten haben, kryptozifisiert zu werden. Naja, für Rimpoche Quaddel ist die Sache jedenfalls gelaufen, er ist aufgetaut und steht wieder in dem, was man so leichtsinnigerweise dem Leben nennt.
Ganz und gar nicht lachen kann Rimpochet darüber, daß die merkwürdigen Bediensteten des Auftau-Instituts ihn penetrant mit Mr. Guido Sansepolcro Verdi ansprechen und zu seinen Habseligkeiten die unbedeutende Summe von dreihunderfünfundsechzig Milliarden Krediten zählt.
Jedenfalls merkt unser Held sehr bald, daß er in dieser recht eigenwilligen Zukunft ein gefragter Mann ist. Warum ist ihm nicht sofort klar - aber das ändert sich radikal im Laufe der Geschichte.
Es soll hier nicht allzuviel verraten werden, aber soviel sei geschrieben: die Erde ist zwecks Sanierung an ein Intergalaktisches Unternehmen verkauft worden, das seine Neuerwerbung zu einem überdimensionalen Fantasialand bzw. Freilichtmuseum umfunktioniert. Dummerweise sind die Quellen über die Vergangenheit der Menschheit weder allzu aussagekräftig noch in größerem Umfang überhaupt vorhanden - und etwas problematisch umzusetzen (besonders von Wesen, die alles allzu wörtlich nehmen). So wird denn das "authentisch wiederbelebt", von dem die neuen Besitzer von diesem und jenem erfahren haben, daß es so und nicht anders in der Geschichte der Menschheit gewesen ist.
Natürlich für die Besucher entsprechend "aufgemotzt", schließlich müssen die Sanierungskosten für einen ganzen Planeten wieder eingespielt werden. So trifft Quaddel auf berufsmäßige Pendler, einen Holyrood Regisseur bei der Arbeit an seinem Meisterwerk "Verweht vom Sturm über Jamaika jagt James Bond Dr. Fu Manchu, einen recht jugendlichen Sherlock Holmes, Kardinal Nummerneun und die Päpstin und nicht zuletzt Nixy, die für ihren Multi-Opa auf Urlaubsreise ist. Verantwortlich für dieses planetenumspannende Irrenhaus, durch das sich Quaddel seinen Weg bahnt, ist der Chefbürokrat, der offensichtlich auch für die Übersetzung zuständig war. Jedenfalls raten wir davon ab, das Nachwort des Übersetzers zu lesen (und wenn es schon sein muß, dann bitte erst nach dem Buch selbst).
Wer etwas für schräge Bücher übrig hat, dürfte an dem Buch genausoviel Spaß haben wie das Bücherbar-Team. Wer nicht, sollte sich statt dessen bei n-tv den Börsenbericht ansehen ...
John Brunner:
Chaos Erde
ca. 390 Seiten
Heyne SF 5535
8,45 ECU
ISBN 3-453-11876-6
* Ecu: HFL/DM = ECU x2, BEF = ECU x 40, öS:
x15,6, sfr: x1,8