März 2020 |
Autor/Herausgeber/Reihe:
Jürgen Jankofsky: |
Titel: Ein Montag im Oktober & NovembertauJugendbuch-Trilogie, Bd. 1+2:3 |
3
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Originaltitel:
Originaltitel |
Erscheinungsland
Original: D |
Erscheinungsjahre
Originale: 1984/1999
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Nachdem wir mit Dezember-Crash im Dezember 2018 den dritten und letzten Band von Jürgen Jankofskys Erzählungs-Reihe vorgestellt haben, erscheinen im März die lange vergriffenen ersten beiden Romane Ein Montag im Oktober und Novembertau, als Neuausgabe im Sammelband. Alle drei zusammen bilden laut Verlag "eine berührende, aufwühlende, nicht zuletzt zum Nachdenken bringende Trilogie, die mit diesem Doppelband erstmals geschlossen vorliegt".
Ein Montag im Oktober und Novembertau sind die ersten beiden Bände einer Jugendtrilogie, die über einen größeren Zeitraum entstanden ist: Ein Montag im Oktober erschien erstmals 1984, Novembertau folgte 1999 und der dritte Band, Dezembercrash, Ende 2018.
Die drei Erzählungen dieser Reihe widmen sich einer Frage, die diese Zeit wie jede Zeit bewegt: Ist das Menschliche und die Nächstenliebe uns eingegeben?
Neuausgabe als Sammelband |
Paperback
Bisher sind in dieser Jugendbuch-Trilogie erschienen:
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mitteldeutscher verlag Paperback, ca. 160 Seiten ISBN 978-3-96311-313-0 Preis: 12,00 € (D) – 12,40 € (A) 19,60 SFr (CH)
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Unsere Meinung: Nun haben wir also auch die ersten beiden Bände dieser Trilogie gelesen und damit die komplette Trilogie. Daher nehmen wir am Rande in diese Meinung auch das dritte Buch, Dezembercrash, auf. Abgesehen davon, daß es drei Bände sind, gibt es auch noch einen engeren familiären und direkten inhaltlichen Bezug. Die Geschichte wandert nämlich auch durch drei Generationen einer Familie, genauer gesagt, sind es drei weibliche Mitglieder. Alle drei werden in ihrer Kindheit (meist mit etwa zwölf Jahren) mit staatlicher und oder gesellschaftlicher Intoleranz und Rassismus konfrontiert. Außerdem spielt in allen drei Büchern Nazi-Gedankengut in unserer Gesellschaft, und wie sich dies auf junge Menschen auswirkt, eine Rolle. Das erste Buch spielt (in Rückblenden) zum Teil während der Nazizeit, zum Teil in den achtziger Jahren in der ehemaligen DDR. Das zweite Buch spielt in der gleichen Region, die aber inzwischen zur Bundesrepublik gehört. Im Abschlußbuch Dezembercrash, daß wir hier aber nur am Rande einbeziehen, geht es vor allem um Ausgrenzung und Fremdenhaß, aber auch das Nazi-Gedankengut und Mitläufertum wird mit einigen Personen aus dem zweiten Buch übernommen, quasi als Fortsetzung und das sowas von sowas kommt, wenn man nicht rechtzeitg Einhalt gebietet und gegensteuert. Im ersten Buch, An einem Montag im Oktober, ist an dem im Titel genannten Tag etwas geschehen, das Jahrzehnte später das Leben von Katrin, der Hauptperson des ersten Romanes, ziemlich durcheinanderbringt. Da das Buch in der damals noch existierenden DDR angesiedelt ist, erfahren westdeutsche Leser nebenbei auch etwas über das Leben in den heutigen "östlichen Bundesländern". Im Rahmen einer Arbeitsgruppe, oder eines Zirkels, wie es genannt wurde, sollen sich die Schüler mit dem Leben und den Menschen in der Nazizeit auseinandersetzen, um darüber eine Geschichte zu schreiben. Damit will ihr Zirkelleiter, der Schriftsteller Nobert Gröger, (vergeblich) vermitteln, daß die Realität weniger schwarz-weiß gewesen ist. Ungewollt ruft Herr Gröger vielmehr genau das Gegenteil von dem hervor, was er beabsichtigt hatte: Die Schüler sind einstimmig der Meinung, daß man in der Nazizeit entweder Faschist war oder Antifaschist, dazwischen gab es nichts. Durch Zufall findet die zwölfjährige Katrin im Rahmen dieses Schulprojektes dann auch noch heraus, daß Geschichte nicht nur etwas weit entferntes, theoretisches ist, sondern viel dichter an ihr eigenes Leben grenzt. Ihr eigner Großvater, so findet sie in einem Dokument in der Bibliothek heraus, bekleidete in der Nazizeit eine Führungsposition. Und damit nicht genug. Als sie dann noch liest, daß es in seiner Anwesenheit zu einem Verbrechen gekommen ist, reimt sie sich einiges zusammen und ist überzeugt davon, daß ihr Opa ein Mörder ist. Das Verhalten des Großvaters trägt nicht dazu bei, ihren Verdacht zu zerstreuen. Der Großvater seinerseits fühlt sich immer noch schuldig – allerdings nicht für etwas, das er getan hat, sondern für das, was er nicht getan hat und von dem er das Gefühl hat, er hätte es tun müssen. Das Dumme ist nur, daß beide nicht miteinander darüber sprechen und so das Drama seinen Lauf nimmt. Der Autor zeigt im ersten Buch, daß es nicht immer nur schwarz und weiß gibt und daß Schweigen in vielen Fällen eben nicht Gold ist, daß es vielmehr wichtig ist, auch über schmerzhafte Dinge (wie das Leben in der Nazizeit) miteinander zu reden und vor allem an die nächsten Generationen weiterzugeben, wie das Leben und die Menschen wirklich waren – mit allen Schattierungen und Zwangslagen und wie es die Menschen erlebt haben, wie es dazu kommen konnte. Wichtig sind – und hier kommt der Schriftsteller-Zirkelleiter als "Moral-Geber" zum Zuge, aus verschiendenen Quellen belegbare Fakten. Nur wenn man weiß, wozu etwas in der Vergangenheit geführt hat, kann man die gleichen Fehler vermeiden (helfen). Denn wie heißt es so richtig: "Wer die Vergangenheit (Geschichte) nicht kennt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." Was passiert, wenn man aus der Vergangenheit nicht lernt (oder nicht lernen will), erlebt der Leser zusammen mit der erwachsen gewordenen Katrin und ihrer Tochter Jasmin im zweiten Buch, Novembertau. Statt eines Schriftstellers ist diesmal der Deutsch-Lehrer Herr Heinze die Stimme des Autoren in der Geschichte. Und er ist diesmal nicht nur Auslöser sondern auch Opfer. Die weibliche Hauptperson ist diesmal neben der älteren Kartin vor allem ihre Tochter Jasmin. Die gerät nämlich in Novembertau mit zwölf Jahren in den Dunstkreis eines Mitschülers, in den sie sich verliebt, und der zu einer Neonazigruppe gehört. Zunächst findet sie es noch toll, was für ein starker Anführer der Mitschüler ist und wie gut er seine Gruppe im Griff hat. Doch ihre Bewunderung erhält bald einen Tiefschlag, als sie tiefere Einblicke in das Leben ihres "Schwarms", die Gruppe und den von ihr (der Gruppe) bewunderten rechtsetremenen (heute würde man sagen populistischen) Politiker erhält, der auch im dritten Teil (Dezembercrash) noch eine wichtige Rollen spielt. Mit ihrer Mutter Katrin, die Journalistin geworden ist, erfährt Jasmin auch einiges über die Neonazis in Deutschland und ihren "An-Führer" ("Schödel, wir folgen Dir!"). Zusammen mit Jasmin erfährt der Leser, daß es wichtig ist, in einer Spätestens als sich die Gewalt der Gruppe nicht nur gegen Autos und Wände richtet. Ob sie noch rechtzeitig aufwacht und sich dem rechten Fanatismus entziehen oder sogar entegegenstellen kann? Für eine offene und menschliche Demokratie und gegen Ausgrenzung, blinden Haß, Fanatismus und Gewalt? Oder hat immer der recht, der lautesten schreit und andere mit brutaler Gewalt unterdrückt und mit simplen, eingängigen (aber dadurch nicht unbedingt wahren) hetzerischen Parolen "überzeugt"? Das wird nicht verraten. Ein kleiner Schwachpunkt besonders am zweiten Buch ist, daß es mit einem ein wenig märchenhaften Ende abgeschließt, aber auch damit und einigen anderen Stereotypen und Klischees sind diese beiden Bücher spannend und lesenswert. (Es sind halt kleine – je etwa 80, in relativer großer Schrift gedruckte, Seiten kurze – Romane für junge Leser und keine 500 bis 1.000 Seiten dicke Sachbücher.) Der Titel Novembertau bezieht sich übrigens auf diverse Ereignisse in der deutschen Geschichte, die sich in diesem Monat, speziell am 9. November, ereignet haben, und die der Autor auch in seiner Geschichte aufzählt: von der Gründung der ersten deutschen Republik 1918, über den ersten Hitler-Putschversuch, die Aufstellung der SS, die "Reichskristallnacht" bis hin zum Mauerfall 1989. Im abschließenden dritten Buch wird auf Geschehnisse aus diesen beiden Büchern zurückgegriffen und so die Geschichte (vorläufig) abgerundet. Wie das dritte Buch, das wir als erstes vorgestellt haben, nehmen auch die ersten beiden Bücher die jungen Leser als selbständige Menschen mit eigenem Gehirn ernst und (besonders das zweite Buch) zeigen, wie weit Intoleranz, Rassismus, Fremdenhaß und Nazi-Gedankengut wieder in der Gesellschaft vorgedrungen sind und daß es höchste Zeit ist, etwas dagegen zu setzen. Und das sollte nicht allein den Erwachsenen überlassen werden, denn die Kinder von heute müssen in der Welt von morgen leben, also sollten sie auch helfen, sie in ihrem (und unser aller) Sinne zu gestalten. Insofern ist dies eine wichtige Buchreihe, besonders für jüngere Leser, die wie Willy Brandt seinerzeit dazu anregt, wieder mehr Demokratie zu wagen, der Intoleranz und dem Ausgrenzen ein Ende zu machen und für mehr Gerechtigkeit und Miteinander zu sorgen. Für uns ist dies trotz der leichten Schwächen auf jeden Fall eine lesenswerte und wichtige Buchreihe für junge Leser (die aber auch ältere Leser durchaus lesen können/sollten). |