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Neu für Kids – Archiv

Neue Seiten für junge und junggebliebene Leseratten

Sommer 2024
Mai – Juli

Buch 6

 

05.08.2024


 



(Ein Klick auf das Banner öffnet ein neues Browser-Fenster)

 

Hallo,

damit das Laden auch bei langsameren Rechnern und Verbindungen nicht zu lange dauert, hat jedes Buch eine Seite für sich.

Hier kommt Buch 6. Viel Spaß.

 
Mai 2024 Autor/Herausgeber/Reihe:

Carolin Pospiech:
 

Titel:

Bo

6.
Originaltitel:
Originaltitel  
Erscheinungsland
Original:
D
Erscheinungsjahr
Original:
2024

 

Daß Bo schwul ist, weiß niemand.

Und erst recht nicht, daß er in Cameron, den Freund seiner Schwester, ver­knallt ist.

Schließlich würde sich alles ändern, wenn die Leute es wüßten – oder etwa nicht?

Als Lucy neu in seine Klasse kommt, durch­schaut sie ihn so­fort und er hat end­lich je­manden, mit dem er über seine wahren Ge­fühle sprechen kann.

Als Bo jedoch am Tag der Sommer­ab­schluß­party einen folgen­schweren Fehler be­geht, muß schnell­stens eine Idee her, wie er sein Ge­heim­nis weiter vor dem Rest der Welt ver­bergen kann.

Damit die be­vor­stehende Katastrophe vermieden wird, ent­wickelt er einen Plan - doch kann dieser Plan wirk­lich funktionieren?

 

 

Vom Verlag empfohlen für Leser ab 12 Jahren

 

 

Originalausgabe

Carolin Pospiech: Bo

Broschiertes Buch / Paperback

 

Zur Leseprobe beim Verlag
(PDF-Download)

agenda Paperback
ca. 140 Seiten
ISBN 978-3-89688-831-0
Preis:
14,90 € (D)
15,40 € (A)
~ 21,00 SFr (CH)
Auch erhältlich als:
ebook (?/2024)
(PDF)
ISBN 978-3-89688-832-7
Preis:
12,99 € (D) – 12,99 € (A)
~ ? sFr (CH)
Direkt beim Verlag bestellen:

agenda

Unsere Meinung:

Auf den ersten Blick scheint dies tatsächlich, wie der Verlag es auf der Webseite bezeichnet, "Ein LGBTQ+-Roman" zu sein. Aber bereits nach dem ersten Lesen hatten wir das Gefühl, daß hier irgendetwas nicht stimmt, daß ein falsches, verzerrtes Bild und eine falsche Botschaft übermittelt wird. Und beim zweiten Lesen wurde das wirklich deutlich. Es ist ein LGBTQ+-Roman, wie ihn die amerikanischen Repubilkaner, Trump und Musk lieben würden. Er zeichnet ein absolut erzkonservatives, homo- und auch frauenfeindliches Weltbild. Jeder nur halbwegs sensible Schwule dürfte nach dem Lesen dieses Buches jede Hoffnung auf ein glückliches Leben verloren haben. Fangen wir mit dem relativ harmlosesten an, der Darstellung der Hauptperson. Wie legt man am besten einen schwulen Jungen an? Ganz klar, man nimmt die Karrikatur eines verliebten Mädchens und überzeichnet sie mit zweihundert Prozent. Ein Junge, der fast ohnmächtig wird und dem alles aus den Händen rutscht, wenn er seinem Schwarm begegnet - und das keineswegs als Persiflage oder sinnbildlich sondern wortwörtlich und höchst ernsthaft als dramatisches Element geschrieben. Zudem gestaltet man den Jungen dann auf der einen Seite noch höchst unsympathisch und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht, auf der anderen Seite als weinerlich. Was mit lesbischen Mädchen und schwulen Jungs in der Welt der Autorin geschieht, wird dann durch die Person der neuen offen lesbischen Freundin verdeutlicht: Offen und selbstbewußt lebende lesbische Mädchen und schwule Jungs haben keine Freunde. ("Du hast mir doch selbst erzählt, daß du in Arlington keine Freunde hattest.") Schwule können also nur mit lesbischen Mädchen befreundet sein, und jeder Junge, der eine nicht auf Sex und Vermhrung ausgerichtete Freundschaft mit einem Mädchen hat, outet sich logischerweise als schwul. (Andere Freundschaften zwischen Jungen und Mädchen ohne "Benefits" gibt es in dieser Welt nicht.) Dem entspricht dann auch die Selbsteinschätzung, die die Autorin dem Jungen sprachlich zuweist. So sieht er sein Schwulsein nicht nur als sein Geheimnis, sondern es ist natürlich sein schmutziges Geheimnis. Er sieht sich als Verbrecher, der um sein Schwulsein zu verheimlichen ein Alibi benötigt. Und bei seiner Suche im Internet findet er nur negative Bezeichnungen. ("Eine Schwuchtel. Tunte. Tucke. Vom anderen Ufer. Abartig. Krank. Und das sind nur einige Bezeichnungen, die ich für Menschen wie mich im Internet gefunden habe.") Als er eines Tages mit seinem Schwarm allein ist (und alkoholisiert), läßt er sich dazu hinreißen, ihm einen kurzen Kuß zu geben. Nun weiß jede(r) aus dem Internet, Zeitschriften oder dem Fernsehen, daß es normal ist, daß Jugendliche auch mit ihrer Sexualität experimentieren. Die Autorin aber steigert dies zu einer Katastrophe und dem Ausgangspunkt des Dramas. Auch daß Bo unbedingt ein "verwendbares" Mädchen braucht, das mit ihm zur Party des Jahres geht, wird als entsprechendes Weltuntergangs-Element hochstilisiert. (Da die Party jährlich stattfindet und Bo mit seiner Fake-Freundin seine "erste Freundin" hat, was hat er im letzten Jahr gemacht? Darauf geht die Autorin nicht ein.) All das wird dann inhaltlich und sprachlich auf die nächste Ebene gehoben, als Bo zwangsgeoutet wird. (Obwohl hier vielleicht das Outing ins Leere laufen zu lassen durchaus eine Möglichkeit gewesen wäre.) Aber schwule Jungs sind ja ohnehin schon krank und diese Krankheit bricht nun mit voller Kraft aus. Bo wird übel, und er wird mit allen Symptomen einer ausgebrochenen Krankheit beschrieben. ("Meine Haut ist blaß, die Haare stehen ab und unter meinen Augen sind dunkle Ringe. Meine Augen blicken mir wie tot entgegen.") Logisch, daß er sich sofort für mehrere Tage mit Fieber in sein Zimmer einschließt und Bettruhe nötig hat. Auch danach behandelt ihn seine Familie als Kranken. Er wird behandelt wie ein rohes Ei, wie zu der Zeit, als er sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte. (Logisch, Schwule sind auch krank im Kopf.) Ebenfalls zum Krankheitsbild, das die Autorin Schwulen zuordnet, paßt, daß seine Familie ihn nach diesem Outing für drei Wochen vom Unterricht befreien läßt und zur "Kur" zu seinem (natürlich schwulen) Onkel ins Exil schickt. Wie gesagt, Schwule können nur mit anderen Schwulen und lesbischen Mädchen zusammen sein. Den Onkel nutzt die Autorin dann noch, um zu zeigen, daß die Bevölkerung mehrheitlich gegen Schwule und Leseben ist. Dazu zieht sie eine von der ultrarechten, "christlichen" Gruppierung OCA lancierte Volksabstimmung heran, bei der 52,7 Prozent für die Aufhebung des Diskriminierungsschutzes aufgrund der sexuellen Ausrichtung in der Executive der Landesregierung gestimmt haben und nimmt dies auch zum Anlaß ausführlich die (zur Unterstützung der Republikaner bei Wahlen gegründete) Organisation OCA herauszustellen. Was sie dabei vergißt zu erwähnen, ist, daß dieses Referendum der einzige landesweite Erfolg der Gruppierung war, die sich später auf lokalen und regionalen Ebenen getummelt hat. Außerdem sind diese 52% (gegenüber 47%, die sie auch unterschlägt) keinesfalls 52% "der Wähler" oder auch nur aller Wahlberechtigten in diesem Bundesstaat. (Oregon hat ca. 3.000.0000 Wahlberechtigte, davon etwa 700.000 Republikaner-Stammwähler.) Eine aktuellere Umfrage aus dem Jahre 2019 (durchgeführt vom Public Religion Research Institute) ergab, daß rund 70% der Bevölkerung Oregons Antidiskriminierungs-Gesetze, die LGBTQ-Menschen schützen, unterstützen. Das Buch ist 2024 erschienen, warum also zieht die Autorin ausgerechnet dieses Referendum aus den 90ern heran? Außerdem ist diese Anti-LGBTQ-Organisation, die einzige Organisation, die im ganzen Buch (und zudem noch ausführlich im Anhang) erwähnt wird. Zufall? Ein Versehen? Wohl kaum. Damit kommen wir zum Umfeld, in dem diese Geschichte spielt. Bo lebt in der Nähe von Portland im amerikanischen Bundesstaat Oregon. In seiner Schule scheint es nur Homophobie und homophobe Jugendliche zu geben. Es gibt an der Schule keine örtlichen Gruppierungen der GSA (Gay–straight alliance)? Es gibt vor Ort keine LGBT-Organisationen, keine Gay-Clubs oder Treffpunkte? Und auch keine anonymen Telfon- oder andere Beratungsdienste, auf die er während seiner Suche im Internet gestoßen wäre? Es gibt in seinem Ort oder in der näheren Umgebung auch keine CSD? Das fällt uns sehr schwer, zu glauben. Nun mag sich der eine Leser oder die andere Leserin fragen, ob Bo vuelleicht in einer extrem LGBT-feindlichen Umgebung wohnt. Nun, die Autorin verrät bereits am Anfang des Buches, daß Bo ganz in der Nähe von Portland (Oregon) wohnt. Ist Portland oder Oregon extrem LGBT-feindlich? Würde das das Fehlen jeder Pro-LGBT Perspektiven erklären? Der LGBT-Reiseführer Spartacus bringt immer auch einen separaten Gay Travel Index für die USA heraus. In diesem Bewertungssystem steht der Bundesstaat New York 2024 an erster Stelle, gefolgt von Kalifornien, Colorado, Nevada und Oregon. Oregon ist damit der fünft-LGBT-freundlichste Staat der ganzen USA. Konversionstherapien für Minderjährige sind verboten, ebenso sind Diskrimierung aufgrund sexueller Orientierung und Gender Identity in den Bereichen Arbeit, Wohnen und "public accommodations" untersagt. Zudem hatte Oregon miz Kate Brown von 2015 bis 2023 die erste offen bisexuelle Gouverneurin eines amerikanischen Bundesstaates. Portland ist zudem eine der LGBT-freundlichsten Städte der USA mit einer starken LGBT-Gemeinschaft. Daß ein junger Mensch wie Bo, nicht auch mal in die große Stadt in der Nähe gefahren wäre, halten wir doch für sehr unwahrscheinlich. Daß es in Bos Umgebung also keine LGBT-freundlichen Dinge, Organisationen, Veranstaltungen, Menschen Beratungs- oder Gesprächsmöglichkeiten und geben soll, halten wir also für ziemlich unglaubwürdig. Warum fehlen sie also in diesem Buch völlig? Ein weiterer Hinweis darauf, welches Weltbild hier transportiert werden soll, ist das Frauenbild. Wenn sich eine Frau von ihrem Mann scheiden läßt, wird sie völlig lebensunfähig. ("Seitdem sie meinen Vater verlassen hat, ist sie nicht mehr ganz sie selbst. Es fällt ihr schwer, sich zu den einfachsten Dingen aufzuraffen ..."). Das einzige, was an erzkonservativen Klischees in diesem Buch noch gefehlt hat, ist der religiöse Aspekt, daß allle Schwulen und Lesben sowieso in die Hölle kommen und von Gott verdammt sind. Die aus der Sicht Bos erzählte Geschichte fängt zwar ganz interessant an und hat neben der Hauptperson auch einige interessante Personen, aber bald wird deutlich, daß die Hauptperson ein ziemlich unsympathischer Typ ist, der nur auf seinen eigenen Vorteil aus ist, ohne Rücksicht auf andere. Zudem hat die Geschichte auch kein richtiges Ende, sondern bricht einfach ab. Insgesamt zeichnet dieses Buch ein Bild, das jeden schwulen Jungen verzweifeln lassen würde. Schwule sind krank, können sich nur verstecken, fliehen und mit anderen Schwulen und lesbuschen Mädchen zusammensein. Wenn sie entlarvt werden, ist ihr Leben zu Ende. Außerdem sind schwule Jungs ziemlich unsympathische Typen. Sollte diese Botschaft wirklich 2024 noch in einem Buch an junge Leser vermittelt werden? Sowohl der Held als auch die unausgegorene, klischeebeladene, in höchstem Maße inhaltlich wie sprachlich homophob ausgerichtete Geschichte waren nicht unser Fall. Zudem wird im ganzen Buch nur eine anti-LGBT-Origanisation herausgestellt, im ganzen Buch findet sich keine einzige LGBT-Organisation und im Anhang keine Informationen oder Ansprechadressen für LGBT-Jugendliche. (Nur wieder eine ausführliche Darstellung der Anti-LGBT-Gruppierung.) Wir waren enttäuscht (wenn nicht gar entsetzt), daß so ein Buch mit dieser Botschaft gerade zu einer Zeit, da sich Gewalt gegen LGBT mehrt, in einem nicht homophoben oder erzkonservativen Verlag im Jahre 2024 veröffentlicht wurde.

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08.11.2021


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