Im Februar 2009 erschien bei KBV der erste Roman mit Jo Frings. Ein halbes Dutzend Jahre später schickt Ralf Kramp seinen Ex-Trickster erneut auf Spurensuche in den Eifeldörfern (und -Wäldern).
Zur Erinnerung (oder als Einführung, falls jemand den ersten Roman nicht gelesen haben sollte): Niemand im Dorf nahm ernst, wenn er auf der Suche nach dem Luchs die Wälder der Eifel durchstreift. Eines unschönen Morgens wurde Michel Frings tot auf einer Lichtung gefunden und niemanden wunderte es, daß das Herz des alten Sonderlings aufgehört hatte zu schlagen.
Neben anderen Trauergästen reiste auch sein Bruder Jo zur Beerdigung an, der im Gegensatz zu Michel er das Dorf schon früh verlassen und im Ausland "Karriere" gemacht hatte. Auf der Suche nach der verlorenen Erbschaft begann Jo zu ermitteln. Schon bald stolperte er über Ungereimtheiten und wohlgehütete Dorfgeheimnisse - und begann zu ahnen, daß der Tod seines Bruders alles andere als ein Unfall war.
Seitdem ist knapp ein Jahr ins Land gegangen und das mit dem Landleben in der Eifel hatte sich Jo Frings einfacher vorgestellt. Phantom-Kühe, Putzilla, ein undichtes Dach und die kleinen Streitereien mit seiner Freundin Christa lassen ihn manchmal wehmütig an sein früheres, freies Leben zurückdenken.
Ein schreckliches Ereignis bringt ihn allerdings ganz unerwartet auf andere Gedanken: Die amerikanische Künstlerin Lorna, die in der Abgeschiedenheit der alten Sägemühle neue Inspiration suchte, verschwindet plötzlich spurlos.
Kurz zuvor hatte sie Jo gegenüber einen mysteriösen Fund im Wald erwähnt, aber der war zu sehr anderweitig beschäftigt.
Lornas Verschwinden ist allerdings nur der Auftakt einer Reihe schrecklicher Geschehnisse. Ohne es zu ahnen, gerät Jo bei der Suche nach den Hintergründen in ein Netz von tragischen Verstrickungen, das vor vielen Jahren scheinbar unbemerkt ge- knüpft wurde ...
Kramps Ralf hat da mal wieder einen ruhigen, aber höchst unterhaltsamen Krimi mit vielen liebevoll gezeichneten Figuren geschrieben. Die Hauptfigur, Jo Frings, ist ein ehemaliger, mhm, sagen wir mal Lebenskünstler, der alle Maschen und Taschenspieler-Tricks aus eigener Erfahrung kennt (und für sich durchnumeriert hat) und "stundenlang reden kann ohne ein einziges wahres Wort zu sagen". Daneben besteht das Dorf aus einer Reihe mehr oder weniger komischer Heiliger mit kleinen und größeren Heimlichkeiten, die das Leben für Jo ... interessant machen: dem alten Quirin der vor wenigen Jahren seine Frau Therese bei einem Busunglück verloren hatte, der Busfahrer Norman, genannt "Marathon" weil er seitdem nicht mehr stillstehen kann, da ihm das Autofahren amtlich untersagt wurde, ein Dorfschullehrer, der sich als Kunstobjekt verdingt, Jos Freundin Christa und deren Tochter Ricky, ein windiger Dachdecker, dessen Wettervorhersagen ebensowenig zu trauen sind, wie seinen übrigen Zusagen, eine amerikanische Künstlerin auf den Spuren ihrer Wurzeln und ihre jetzt Ex-Freundin Pauline, ein unterernährter Streuner, eine publikumswirksame Phantom-Kuh nebst Chauffeuren und nicht zuletzt die Putzzilla von Schlehborn Cecilia Fischenich, ihres Zeichens "die schwatzhafteste, neugierigste Person von ganz Schlehborn", deren Augen und Ohren nichts und niemand entgeht und die ohne Punkt und Komma reden kann. Alle haben etwas zum Fall oder zur Aufklärung beizutragen - oder gehen zumindest Jo ernsthaft auf die Nerven. Doch unter der Oberfläche lauert der skrupellose Zuarbeiter des Todes: Der Mord hat Einzug ins Dorf gehalten. Und noch kurz bevor sie totgeblieben war, hatte die amerikanische Künstlerin Jo kontaktiert, weil sie etwas im Wald gefunden habe - irgendwas mit Plastiktüte und Paris und Totholz (umgestürzte alte Bäume, verrotende Äste und sowas), wie Jo sich erinnert. Damit war natürlich Jos Neugier geweckt und er macht sich sehr zum Unwillen seines alten Fußballgegners und heutigen Kommissars an die Ermittlungsarbeit. Im Laufe der Geschichte werden immer wieder Andeutungen und Informationen eingestreut, die scheinbar nichts mit dem Fall (oder den Fällen) zu tun haben, sich aber am Ende, wenn alles zusammenkommt als nicht unwichtiges Puzzleteil im Gesamtbild erweisen. Dazu gehören auch die ersten Kapitel, die scheinbar gar nichts mit der "Haupthandlung" zu tun haben, aber Jo in seinem Element als Trickster zeigen. (Diesmal für einen Mitmenschen, was ihn aber - wie in einer späteren Episode, als er einer älteren Dame hilft, die von einem Trickbetrüger übers Ohr gehauen wurde - nicht daran hindert, immer auch etwas für sich selbst abzuzweigen.) Erfreulich ist auch, daß, wenn man den ersten Roman mit Jo Frings nicht gelesen hat, man der Handlung problemlos folgen kann, da alle wichtigen Informationen aus dem ersten Buch in die Geschichte eingebunden sind. Eine ebenso spannend wie unterhaltsam teilweise in Eifler Dialekt und Sprachgebrauch geschriebene Kriminalgeschichte, in der neben viel genau beobachtetem Eifel-Leben auch Musik steckt (etwa ein Konzert für Feuerlöscher und zwei Flachpfeifen in A Moll). Das Ganze ist dann mit viel (teilweise leicht schwarzem) Sprachwitz und einer Menge nicht schon tausendmal gelesener Sprachbilder (etwa Bronchien, die pfeifen wie Mittwelwellensender) und Zitaten garniert, die unauffällig eingebaut sind (wie die stehend ins Gespräch vertieften Leute). Kein Krimi für Leser, die auf Action und Gewaltdarstellungen abfahren oder zum Lachen in den Keller gehen. Für uns ein rundum gelungener Regionalkrimi und folglich ein TopTip, der Lust auf einen weiteren Roman mit Jo Frings macht, auf den hoffentlich nicht wieder Jahre gewartet werden muß.
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