Oktober 2013 |
Autor/Herausgeber/Reihe:
Eduard von Keyserling:
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Titel: Im stillen Winkel & Nicky Zwei Novellen |
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1.
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Originaltitel:
Originaltitel
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Erscheinungsland
Original: D |
Erscheinungsjahr
Original: 1915/17 |
Der Verlag schreibt zu diesem Buch: Kaum je wurde der Beginn des Ersten Weltkriegs die zerbrechliche ländliche Idylle im Sommer 1914 so beiläufig und doch so eindringlich geschildert wie in den beiden meisterlichen Novellen Eduard von Keyserlings Im stillen Winkel und Nicky.
Bankdirektor von Ost fällt im Ersten Weltkrieg. Seine Familie, darunter auch sein kleiner Sohn Paul, verbleibt in ihrer Ferienvilla in Oberbayern. Paul wird nach dem Tode des Vaters ein anderer Mensch. Um den anderen Kindern (und sich selbst) seinen Mut zu beweisen, macht sich Paul auf den Weg zum Feind.
Da fragt ein Kind bei der feierlichen Verabschiedung der Soldaten auf dem Bahnsteig laut seinen Vater: "Müssen die alle sterben?" Einige der Umstehenden schauen daraufhin erschrocken auf, andere lachen unsicher. Nicky wiederum erscheinen die mit Blumen umkränzten Männer bei der Verabschiedung ins Feld nicht weniger als zum Opfer geschmückt.
Band 4 der Reihe Erster Weltkrieg
Nicky ist zuerst 1915 in der Literaturzeitschrift Die neue Rundschau erschienen.
Im stillen Winkel ist zuerst 1917 in Velhagen & Klasings Monatsheften erschienen.
Neuausgabe
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 Broschiertes Buch / Paperback
Bisher sind in der Reihe Erster Weltkrieg erschienen:
Band 1
RLeonid Andrejew: Das Joch des Krieges (07/2013)
Band 2
Victor Auburtin: Was ich in Frankreich erlebte (nur ebook/online buchhandel) (08/2012)
Band 3
Karl Kautsky: Wie der Weltkrieg entstand (09/2013)
Band 4
Eduard von Keyserling: Im stillen Winkel
& Nick (10/2013)
Band 5
Theodor Lessing: Das Lazarett (nur ebook/online buchhandel) (12/2013)
Band 6
Arthur Holitscher: In England, Ostpreußen, Südösterreich (08/2014)
Band 7
August Hermann Zeiz: Tanz um den Tod (11/2014)
Band 8
Andreas Latzko: Menschen im Krieg (Paperback/ebook - Buchhandel) (09/2014)
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Regenbrecht Paperback ca. 100 Seiten ISBN 978-3-943889-47-5 Preis: 9,90 € (D) 10,20 € (A) ~ 15,00 sFr (CH)
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Auch erhältlich als: ebook (08/2012) (epub) ISBN: 978-3-943889-17-8 Preis: 3,99 € (D) – 3,99 € (A) ~ 5,00 sFr (CH) |
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Unsere Meinung: "Möglich, daß sie Krieg führen, sie führen immer Krieg ..." läßt der Autor eine der Personen in diesem kleinen Buch sagen. Dieser Band gehört zur Regenbrecht-Reihe zum ersten Weltkrieg und enthält zwei recht kurze Geschichten von Eduard von Keyserling, die kurz vor Ausbruch des ersten Weltkriegs spielen (sowie einen kurzen Ausschnitt aus einem Buch, das eine Szene aus dem Leben Keyserlings erzählt). Beide Geschichten haben ein ähnliches Szenario. Sie erzählen beide von den letzten Tagen vor Ausbruch des ersten Weltkriegs, sie folgen Familien um eine Hauptperson, die sich zu Beginn der Geschichten in die Sommerfrische (oder mordern ausgedrückt den Sommerurlaub) aufs Land aufmachen. Sie erzählen davon, wie beider Leben durch die Propaganda, gesellschaftliche Zwänge, überschwappenden Nationalismus und Patriotrismus und schließlich den Beginn des ersten Weltkriegs verändert wird. Die erste (mit etwa fünfzig Seiten etwas längere) sieht die Welt und die Geschehnisse durch die Augen und Gedanken eines elfjährigen Jungen und ist die tragischere, traurigere von beiden. Paul ist ein etwas stillerer Junge, was seinen militärisch eingestellten Vater, der als Bankier vor allem auf Zahlen konzentriert ist, verärgert und Paul auch zur Zielscheibe des Spotts von Kindern, besonders der Jungen, aber auch dem Mädchen, dem er näher kommen will, aus dem Dorf macht. Eigentlich hatte er - wieder einmal vergebens - gehofft, auf dem Land all den unerfreulichen Dingen zu entkommen, die sein Leben in der Stadt unerträglich machten. Durch diesen Spott, die Verachtung des Vaters und die Kriegspropaganda und schließlich ein schreckliches Ereignis verzweifelt, beschließt Paul einen Weg zu gehen, sich allen zu beweisen, der die Geschichte tragisch enden läßt. (Und in den letzten Zeilen auch noch die durch die tragischen Geschehnisse unveränderten Haltungen der Kriegseingeschworenen, auch und besonders der Dorfkinder, zeigt.) Garniert wird das Ganze noch mit einer Affaire seiner Mutter mit einem Bekannten der Familie, die den Jungen, dem die Welt der Erwachsenen ohnehin fremdartig erscheint, zusätzlich verunsichert. Die zweite Geschichte folgt der jungen Baronin Nicky auf dem Weg in die Sommerfrische und läßt die Leser auch an ihren ebenso recht einfältigen wie oberflächlichen wie abgehoben-überheblichen und selbstbezogenen Gedanken und Einstellungen teilhaben. Sie ist unzufrieden mit ihrem bisherigen Leben, auf das kurze Rückblicke eingestreut werden, und wartet darauf, daß das Leben richtig beginnt. Auch in diesem Fall wird die gesellschaftliche Vorliebe für alles Militärische - und auch die Unsinnig- und Lächerlichkeiten - durch verschiedene Personen im Umfeld der Hauptperson repräsentiert. Durch die Begegnung mit einem Freigeist, der unter anderem die Propaganda-gesteuerten Menschen seiner Gegenwart in einem Märchen, das er Nicky erzählt, mit roboterartigen Puppen gleichsetzt. Im Laufe des Buches Buches läßt der Autor auf verschiedene Weise seine ablehnde Haltung zum Krieg, den er als blutigen Wahnsinn sieht, durchblicken. So läßt er etwa bei einer Parade wieder einmal den Kindermund, der bekanntlich Wahrheit kundtut, fragen: "Vater, müssen die alle sterben?" und eine alte Frau bemerkt zu Nicky: Die Männer sind alle fort; die kommen nicht wieder. Damals kamen sie auch nicht wieder. Auch und vor allem durch den Musiker, der sich von der Welt und Gesellschaft abgewandt hat, gibt der Autor den Lesern einige Betrachtungen zum Zeit(un)geist mit, die zum Nachdenken anregen sollten. Durch die sich langsam anbbahnende Liebesgeschichte scheint sich die Haltung und das Leben Nickies langsam zu wandeln, aber als schließlich der Krieg ausbricht und sie Teil einer Soldaten zujubelnden Menge und wandelt sie sich, wie es sich gehört, zur deutschen "Soldatenfrau" mit den gesellschaftlich geforderten Ansichten und Lebensweisen. So beschreibt sie die Parade als ein Fest der Begeisterung und des Todes und gipfelt dann in der Aussage "Das sind die Deutschen, die für uns sterben wollen". Am Ende des Buches gibt es noch einen knapp dreiseitigen Ausschnitt aus dem Buch Lebensgeschichte eines Rebellen - Meine Erinnerungen von Arthur Holitscher aus dem Jahr 1924, das als Portrait Eduard von Keyserlings überschrieben ist, aber ihn nur als Teil einer Gruppe bei einem nachmittäglichen Tafelrunde zeigt. Was uns hier aber gefehlt hat, war eine zeitliche Einordnung der beschriebenen Treffen bei diesem Nachwort, das insgesamt zwar ganz nett war, aber für uns kein wirkliches Portrait. Auch bei den beiden Geschichten fehlten uns zeitliche Einordnungen und wann sie wo erstmals erschienen sind, eventuell noch ein paar Hintergrundinformationen zu ihren Entstehungsgeschichten. Besonders für heutige, jüngere Leser wären auch einige zeitliche Hintergrundinformationen zum ersten Weltkrieg (und den Jahren davor) hilfreich gewesen. Insgesamt sind beide Geschichten einfach zu lesen und nichts wirklich Besonderes, zeigen aber lebendige Ausschnitte aus dem Leben der Gesellschaft vor dem und beim Ausbruch des ersten Weltkrieges und sind auf jeden Fall lesenswert. |